Balkanroute ganz geschlossen

Brüssel · Die Balkanländer haben die Flüchtlingsroute nach Mitteleuropa vollständig geschlossen, womit sich die Krise in Griechenland nun weiter zu verschärfen droht.

 Kein Weiterkommen über die Balkanroute: Nach der Ankunft mit einem Schlauchboot aus der Türkei sitzt diese Flüchtlingsfamilie auf der griechischen Insel Lesbos fest. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Kein Weiterkommen über die Balkanroute: Nach der Ankunft mit einem Schlauchboot aus der Türkei sitzt diese Flüchtlingsfamilie auf der griechischen Insel Lesbos fest. Foto: Kay Nietfeld/dpa

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Die Balkanroute, über die 2015 mehr als eine Million Menschen auf der Flucht nach Österreich und vor allem nach Deutschland gekommen waren, ist faktisch geschlossen. Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien lassen seit gestern niemanden ohne gültigen Reisepass und Visum mehr passieren. Die meisten Flüchtlinge aus Bürgerkriegsregionen haben jedoch keine Chance, in ihrer Heimat gültige Dokumente oder Visa zu erhalten.

Die Lage in Griechenland wird indes immer dramatischer. Nach Angaben des Krisenstabs in Athen stecken inzwischen fast 36 000 Flüchtlinge im Land fest. Und die Zahl steige von Stunde zu Stunde, da immer neue Schutzsuchende aus der Türkei ankämen. Das Schicksal der Flüchtlinge, die bereits auf der Strecke nach Westeuropa unterwegs sind, ist aktuell völlig offen. Ungarn rief landesweit den Krisenzustand aus, Polizei und Militär an der Grenze sollen verstärkt werden.

EU-Gipfelchef Donald Tusk begrüßte die Entwicklung. Die Grenzschließungen seien keine einseitigen Maßnahmen, sondern eine gemeinsame Entscheidung der 28 EU-Staaten, erklärte er auf Twitter . Tusk bezog sich damit auf die Abschlusserklärung des EU-Gipfels vom Montag, in der es heißt: "Bei den irregulären Migrationsströmen entlang der Westbalkanroute ist das Ende erreicht." Spätestens auf dem nächsten Gipfel am 17. und 18. März will die EU in diesem Zusammenhang ein Bündnis mit der Türkei schließen, um den Flüchtlingszustrom einzudämmen und in geordnete Bahnen zu lenken. Das türkische Angebot sieht vor, dass die Europäische Union alle illegal ankommenden Menschen von den griechischen Inseln wieder in die Türkei zurückschicken kann. Zugleich sollen aber ebenso viele Flüchtlinge legal aus der Türkei in die EU kommen. Ankara fordert dafür eine Verdoppelung der EU-Hilfszusagen auf sechs Milliarden Euro. Darüber wollen heute die EU-Innenminister beraten.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) bekommt derweil wegen möglicher Zugeständnisse der EU an die Türkei Gegenwind aus den eigenen Reihen. "Ich sehe Visa-Erleichterungen und beschleunigte Verhandlungen über einen EU-Beitritt kritisch", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU ) gestern der "Augsburger Allgemeinen".

Eine Woche nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission für ein 700-Millionen-Euro-Hilfspaket in der Flüchtlingskrise, das vor allem Griechenland zugutekommen soll, haben die EU-Staaten dafür grundsätzlich grünes Licht gegeben. "Ich heiße die Zustimmung der Mitgliedstaaten sehr willkommen", erklärte der für Krisenhilfe zuständige EU-Kommissar Christos Stylianides gestern in Brüssel . Kommende Woche soll der EU-Ministerrat die auf Botschafterebene erfolgte Einigung noch formell bestätigen, teilte die Kommission mit.

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Am RandeSeit Jahresbeginn haben aus der Türkei mehr als 132 000 Migranten zu den griechischen Inseln übergesetzt. 38 Prozent davon waren Kinder, 22 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer. Dies teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk gestern mit. 48 Prozent der Ankömmlinge stammen aus Syrien, 26 Prozent aus Afghanistan, 17 Prozent aus dem Irak. In Piräus kamen gestern Vormittag 673 Migranten an. dpa

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