Ode an die Rille

Berlin. Wahre Liebe schert sich nicht um Argumente. Was hier zählt, ist Gefühl. "Es ist dieses Ritual des Auflegens, das Saubermachen und sehen zu können, wie sich die Platte dreht, was die Vinyl-Platte zu etwas Besonderem macht", sagt Helge Palm. Regelmäßig kommt der 52-Jährige in den kleinen Plattenladen im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg

 In vielen Discos feiert die Schallplatte ihr Comeback. Foto: dpa

In vielen Discos feiert die Schallplatte ihr Comeback. Foto: dpa

Berlin. Wahre Liebe schert sich nicht um Argumente. Was hier zählt, ist Gefühl. "Es ist dieses Ritual des Auflegens, das Saubermachen und sehen zu können, wie sich die Platte dreht, was die Vinyl-Platte zu etwas Besonderem macht", sagt Helge Palm. Regelmäßig kommt der 52-Jährige in den kleinen Plattenladen im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Wenn er die Wahl hat zwischen CD und LP, kauft er die Schallplatte. An der Ladentheke ist der Kampf zwischen der großen Schwarzen und dem kleinen Silberling längst entschieden. Die CD hat gewonnen und kämpft inzwischen selbst gegen neue digitale Speicher. Aber die alte Schallplatte aus Vinyl verteidigt auch 60 Jahre nach ihrer Erfindung hartnäckig ihren Platz in den Herzen vieler Menschen.

Schöner Klang

Am 21. Juni 1948 rotierte die Langspielplatte aus Polyvinylchlorid (PVC) zum ersten Mal. Der Ingenieur Peter Goldmark bei dem amerikanischen Medienunternehmen CBS hatte sie entwickelt. Schnell setzte sie sich weltweit gegen ihre Vorgängerin - die Schellackplatte - durch. Die neue Platte war billiger, ihr Klang schöner und mit einer Geschwindigkeit von 331/3 Umdrehungen pro Minute bot sie eine deutlich längere Spieldauer: etwa 25 Minuten pro Seite. Die Schellackplatten konnten mit 78 Umdrehungen lediglich ein einziges Musikstück wiedergeben. Die ersten deutschen LPs erschienen 1951 bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft.

Nicht nur bei Klassikliebhabern ist die Schallplatte nach wie vor beliebt. Vor allem passionierte Discjockeys schwärmen vom den Rillen.

So auch Ren&; Murawski: "Ich liebe Vinyl. Ich kaufe keine CDs. Klang und Gefühl einer LP sind einfach viel wärmer und satter." Mit Kopfhörern auf den Ohren lauscht der 27-Jährige andächtig der Musik. So wie Murawski denken viele und sichern der Vinyl-Schallplatte eine Zukunft. Vor allem elektronische Musik, HipHop und Rock, aber auch Funk, Soul und Jazz wird noch immer auch auf Vinyl produziert. Die neuesten Pop-Remixes von Madonna bekommt man inzwischen auch wieder auf Platte.

Auch wenn die Langspielplatte als Tonträger mittlerweile von CD und mp3-Dateien abgelöst wurde, besetzt die Vinylscheibe seit Jahren eine Nische. 2007 profitierte die LP von der allgemeinen Retro-Welle. Deutschlandweit wurden etwa 700000 Vinyl-Platten verkauft - 100000 mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zur CD ist das fast nichts. Davon gingen rund 150 Millionen über die Ladentische.

Ein Ende der Schallplatte ist nicht in Sicht. Im vergangenen Jahr gab es mit der Vinyl Disc sogar eine Neuentwicklung. Sie besteht aus zwei miteinander verbundenen Schichten. Eine Seite der Scheibe ist schwarz, hat die übliche Rille und kann auf jedem normalen Plattenspieler abgespielt werden. Etwa zwei Musiktitel haben auf ihr Platz. Auf der anderen Seite ist die Scheibe silbern und kann digitale Musik, Videos oder Computerspiele speichern.

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