Drama in Thüringer Bergwerk

Unterbreizbach/Kassel · Hunderte Meter unter der Erde hat es in der Kali-Grube Unterbreizbach in Thüringen eine schwere Gasexplosion gegeben. Drei Bergleute kamen ums Leben. Vier weitere konnten von Helfern gerettet werden.

Stille und Trauer herrscht am Dienstagabend in dem Bergarbeiter-Städtchen Unterbreizbach in Thüringen. Eine Kirchturmglocke läutet. Vorbei an dem Begrüßungsschild "Glückauf" geht es zum Schacht des Kali-Bergwerkes, wo drei Bergleute ihr Leben ließen.

Etliche Anwohner warten vor dem Eingangstor zum Schacht, der zum Konzern K&S aus Kassel gehört. "Nein, wir stehen hier nur, danke", sagt ein älterer Mann auf Fragen von Journalisten. Er will seine Ruhe haben. Auch Stunden nach dem Unglück gegen 13 Uhr in rund 900 Metern Tiefe sind immer noch Spuren der dichten, gewaltigen Rauchwolke zu sehen, die aus den Bergwerksschächten quoll. Mehrere Autos auf dem Parkplatz sind mit einer dunkel-grauen und salzigen Schicht bedeckt. Es riecht streng. Das Werkstor passieren etliche Feuerwehr- und Rettungswagen.

Für drei der sieben Kumpel, die am Dienstag eigentlich den Stollen nach einer kontrollierten Sprengung überprüfen sollten, kommt jede Hilfe zu spät. Ohne Vorwarnung sei Kohlendioxid freigesetzt worden, sagt Werksleiter Rainer Gerling am Abend auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz. "Das war wie bei einer Flasche Sekt, die man öffnet", ergänzt Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz (CDU). Er hat sich ein eigenes Bild von den Rettungsarbeiten machen wollen und ist an die Grenze zu Hessen in das Bergwerk geeilt.

Wie es zu dem tragischen Unfall kam, ist noch weitgehend unklar. Tief betroffen stellt sich Werksleiter Gerling den drängenden Fragen der Medien. Demnach konnten vier Bergleute in einen Rettungsraum flüchten. Nach Stunden wurden sie ans Tageslicht geholt. Die vier geretteten Kumpel kamen mit dem Schrecken davon.

Die Leichen der drei Getöteten wurden mehrere Kilometer vom Austrittsort des Gases in der Nähe des Schachteingangs lokalisiert. Sie können aber noch nicht geborgen werden. Dazu sei die Gaskonzentration in dem Stollen noch viel zu hoch, sagt Gerling. Die Kumpel im Alter von 24, 50 und 56 Jahren seien wahrscheinlich erstickt, teilt ein Werksprecher später mit.

Gefahr für den kleinen Ort Unterbreizbach mit seinen etwa 3800 Einwohnern bestand nach Unternehmensangaben durch die Gasexplosion nicht. Die Region im Südwesten Thüringens nahe der Landesgrenze zu Hessen ist seit Jahrzehnten vom Kali-Bergbau geprägt.

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) reagierte mit großer Betroffenheit und Trauer auf die Nachricht vom Grubenunglück in Unterbreizbach: "Mein ganzes Mitgefühl gilt den Angehörigen der drei Bergleute, die heute ihr Leben verloren haben." Auch die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ließ am Abend mitteilen: "Der Tod der drei Kumpel in Thüringen löst große Bestürzung und Betroffenheit aus. Gerade als ehemalige Bergbau-Region können wir mit den betroffenen Menschen mitfühlen. Diese Tragödie zeigt einmal mehr, wie gefährlich der Beruf des Bergmanns ist. Unser Mitgefühl gilt den trauernden Familien, ihren Arbeitskollegen, Freunden und Verwandten." Immer wieder sind Tote und Verletzte bei Unfällen in Kali-Gruben zu beklagen:

2012: Ein Bergmann stirbt im niedersächsischen Kaliwerk Sigmundshall in Wunstorf. Der Unfall passiert in etwa 1200 Meter Tiefe. Die Bergleute bohren vermutlich eine Gasblase im Salz an und atmen giftige Stoffe ein.

1989: Sieben Menschen werden bei einem schweren Unfall im thüringischen Kalibergbau verletzt. In der Grube "Ernst Thälmann" in Merkers kommt es zu einem Gebirgsschlag.

1989: Drei Bergleute sterben nach einem Ausbruch von Kohlensäuregas im Kaliwerk Wintershall in Heringen in Hessen.

1984: Zwei Bergleute ersticken bei einem Aufsichtsgang in einer Grube auf dem Gelände des Kaliwerkes Hattorf im hessischen Philippsthal.

1983: Vier Bergleute verunglücken im Grubenbetrieb des Kaliwerkes Hattorf in Philippsthal an der Werra in Hessen. Die Männer gerieten nach Angaben der Kali und Salz AG in Kassel in eine Ansammlung von Kohlensäure.

Zum Thema:

Auf einen BlickKali ist neben Stickstoff und Phosphor einer der wichtigsten Nährstoffe zur Düngung von Pflanzen. Um Kalium zu gewinnen, muss es aus dem Gestein unter Tage gelöst werden. Dazu werden Löcher ins Gestein gebohrt. Darin wird Sprengstoff zur Explosion gebracht. Anschließend wird das abgesprengte Gestein mit Radladern auf Förderbänder und in die Fabrik gebracht, wo es aufbereitet wird. Sowohl bei der Einfahrt in das Bergwerk als auch im Abbaugebiet wird genau kontrolliert, wer sich dort aufhält. Rund 33 000 Arbeitsplätze sind in Deutschland direkt oder indirekt mit der Kaliindustrie verbunden. dpa

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