Müllberge und Menschenmassen Wie öko ist das Oktoberfest?

München · Das Treiben auf der Münchner Wiesn ist ein einziger Superlativ. Das gilt nicht nur für die Besucherzahlen, die verzehrten Hendl und das Bier. Sondern auch für den Unrat. Im Kampf gegen die Abfallberge zeigen sich die Organisatoren findig.

 Wenn sich die Oktoberfest-Besucher in München nach diesem Sonntag wieder für ein Jahr von der Wiesn verabschieden, hinterlassen sie vor allem eines: eine Menge Müll.

Wenn sich die Oktoberfest-Besucher in München nach diesem Sonntag wieder für ein Jahr von der Wiesn verabschieden, hinterlassen sie vor allem eines: eine Menge Müll.

Foto: dpa/Felix Hörhager

(dpa) Die Müllmenge auf dem größten Volksfest der Welt bleibt riesig. Nach Spitzentagen sind es zehn Tonnen, die Klaus Feldmeier von der Münchner Straßenreinigung und seine 20 extra dafür abgestellten Kollegen jede Nacht ab 2 Uhr morgens zusammenkehren – zwei Drittel von dem, was darüber hinaus in der ganzen Stadt anfällt, das sind ungefähr 15 Tonnen.

Dabei hat die Menge schon deutlich abgenommen. „Wir hatten vor einigen Jahren Tage mit 25 Tonnen“, sagt Feldmeier. Das liegt auch an den Sicherheitsvorkehrungen: Seit das Gelände der Wiesn umzäunt ist und die Menschen nur noch kleine Taschen mitnehmen dürfen, lassen sie auch nicht mehr so viel Abfall da.

Auch das Verbot von Pappbechern, Plastikgeschirr und Getränkedosen im Jahr 1991 hat laut Stadt viel gebracht. Davor habe jeder Gast etwa zwei Kilo Restmüll hinterlassen, heute seien es rund 160 Gramm, hebt der Abfallwirtschaftsbetrieb München hervor. Und es wird weiter weniger: Die Müllmenge beim Oktoberfest sank von 2017 auf 2018 um rund vier Prozent.

In diesem Jahr waren Wirte und Schausteller besonders sparsam beim Strom: In der ersten Woche wurden bei gleicher Besucherzahl knapp 1,2 Millionen Kilowattstunden weniger verbraucht (minus 4,12 Prozent). Zudem handelt es sich zu 100 Prozent um Ökostrom. Trotzdem entspricht der Stromverbrauch über die beiden Festwochen regelmäßig etwa dem einer Kleinstadt.

Beim Gas wurde in der ersten Wiesn-Woche im Vergleich zum Vorjahr sogar etwas mehr verbraucht, ein Plus von 5,6 Prozent. Forscher der Technischen Universität München gehen davon aus, dass das Gas zum Kochen und Grillen wesentlich dazu beiträgt, dass während der Wiesn der Methanausstoß am Gelände steigt. Das Team um Studienleiterin Jia Chen hatte 2018 im Schnitt sechsfach erhöhte Werte gegenüber der Zeit vor oder nach dem Volksfest gemessen.

Dabei ist die Wiesn beim Thema Nachhaltigkeit laut Festleitung führend unter den deutschen Volksfesten. LED-Lampen erleuchten die Zelte. Spülwasser der Bierkrüge wird danach für die Toilettenspülung verwendet. Die Stadt berücksichtigt bei der Zulassung der Bewerber auch Punkte wie die Verwendung biologisch abbaubaren Hydrauliköls, schadstoffarme Zugmaschinen und ein Produktangebot aus Öko-Anbau.

Einige Zelte haben sogar Solardächer – etwa das Schottenhamel-Zelt. Das gesamte warme Wasser werde so gewonnen, sagt Wirt Christian Schottenhamel. Mehrere Zelte sind schon klimaneutral, darunter das Hofbräuzelt und das Weinzelt; gut ein Dutzend Fahrgeschäfte werden klimaneutral zur Wiesn transportiert. Alle nicht vermeidbaren CO2-Emissionen werden dabei über Klimaschutzprojekte ausgeglichen. Eine Energiesparveranstaltung wird das Volksfest freilich auch künftig nicht werden. Und trotz leicht sinkender Müllmengen: Es bleiben Berge. 1729 Tonnen waren es 2018, darunter 510 Tonnen Speisereste samt abgenagter Hähnchenknochen.

Der Abfallwirtschaftsbetrieb rechnet vor: Aus den Essensresten kann in Biogasanlagen Strom für hundert Menschen für ein Jahr werden. Aus 50 Tonnen Altpapier könnten 720 000 Schulhefte entstehen – oder 420 000 Rollen Klopapier. Rund 1015 Tonnen Restmüll wiederum liefern zusammen mit dem Kehricht, den Klaus Feldmeiers Kollegen Nacht für Nacht zusammentragen, in der Müllverbrennungsanlage den Jahresbedarf an Strom für 23 Menschen und Fernwärme für 222 Wohnungen.

 Eine Waffel als essbare Schale gefüllt mit Schupfnudeln und Sauerkraut: So lässt sich auch Abfall sparen.

Eine Waffel als essbare Schale gefüllt mit Schupfnudeln und Sauerkraut: So lässt sich auch Abfall sparen.

Foto: dpa/Felix Hörhager

Der Kehrichtdreck auf den Wiesn-Gassen ist mit 88 Tonnen zwar der kleinste Teil des Mülls – aber der Sichtbarste. Servietten, Besteck aus Holz, Kaffeebecher – was die Besucher wegwerfen, landet auf dem Boden. Gäste aus aller Welt suchen immer wieder vergeblich nach Mülleimern. Sie fehlen seit dem Oktoberfest-Attentat von 1980. Die Bombe des rechtsextremen Attentäters Gundolf Köhler detonierte damals in einem Abfallkorb und riss 13 Menschen in den Tod. Als Konsequenz wurden sämtliche Abfalleimer abmontiert – so blieb es bis heute.

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