Die deutsche Traumfabrik

Berlin. "Der Totentanz" hieß der erste Film aus Babelsberg - doch bis heute sind die Studios noch immer voller Leben. Am Sonntag feiern sie ihr 100-jähriges Jubiläum. Das älteste Großatelier-Filmstudio der Welt gilt nicht nur als Wiege des deutschen Films, sondern hat auch international auf die Entwicklung des Kinos großen Einfluss genommen. "Babelsberg hat etwas Magisches

 Marlene Dietrich rekelt sich 1930 im Film "Der blaue Engel". Der im Studio Babelsberg gedrehte Film wurde zum Welterfolg. Foto: dpa

Marlene Dietrich rekelt sich 1930 im Film "Der blaue Engel". Der im Studio Babelsberg gedrehte Film wurde zum Welterfolg. Foto: dpa

Berlin. "Der Totentanz" hieß der erste Film aus Babelsberg - doch bis heute sind die Studios noch immer voller Leben. Am Sonntag feiern sie ihr 100-jähriges Jubiläum. Das älteste Großatelier-Filmstudio der Welt gilt nicht nur als Wiege des deutschen Films, sondern hat auch international auf die Entwicklung des Kinos großen Einfluss genommen. "Babelsberg hat etwas Magisches. Es gilt, dies zu nutzen", sagt Carl Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG, anlässlich des Jubiläums.Einige der berühmtesten Werke der Filmgeschichte entstanden in Babelsberg - Meisterwerke wie "Der blaue Engel" von Josef von Sternberg, "Metropolis" von Fritz Lang oder "Nosferatu" von Friedrich Wilhelm Murnau. Die Filmstudios bei Potsdam boten damals endlich den Platz, der den Ateliers bis dahin gefehlt hatte. Zuvor waren sie auf Berliner Dächern untergebracht gewesen. So zog die junge Filmindustrie Anfang des 20. Jahrhunderts ins 20 Kilometer entfernte Babelsberg.

Eine ehemalige Papierblumenfabrik wurde zur Traumfabrik. 1921 übernahm die Ufa das Gelände und baute es aus. Große Kulissenbauten entstanden, die noch heute ein Markenzeichen von Babelsberg sind. Allein für den Film "Metropolis" wurden hunderte Wolkenkratzerkulissen errichtet. Babelsberg schuf Weltstars, allen voran Marlene Dietrich, die sich dort 1930 als "Blauer Engel" auf einem Stuhl rekelte.

Zwischen 1933 und Kriegsende drehten die Nationalsozialisten in Babelsberg rund 1100 Propagandafilme, davon 90 Prozent Unterhaltungsfilme. "Der NS-Staat betrachtete den Film als geistige Waffe", schrieb Autor Günter Netzeband in einer Darstellung der "Filmstadt Babelsberg".

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag das Studio in der sowjetischen Besatzungszone und gehörte ab 1949 zur DDR. Die ostdeutsche Defa drehte bis 1990 rund 1500 Spiel- und Fernsehfilme, die meisten systemkonform, aber auch kritische Filme wie die "Spur der Steine", der nach dem Mauerfall zu einem großen Erfolg wurde.

Die Studios erlebten nach ihrer Privatisierung Anfang der 90er Jahre eine neue Blütezeit. Hollywood und der deutsche Film entdeckten sie für sich. Roman Polanski drehte "Der Pianist", Quentin Tarantino "Inglourious Basterds". Als Tarantino in die Marlene Dietrich Studios kam, berührte er ehrfürchtig den Boden, über den die Urväter des Kinos einst gewandelt waren, wie Studio-Sprecher Eike Wolf erzählt. Das Filmstudio hatte die Böden bewusst nie ausgetauscht, um das historische Erbe zu erhalten. Inzwischen hat Tarantino auf dem Gelände eine eigene Straße, die nach ihm benannt ist.

Tom Cruise produzierte in Babelsberg die "Operation Walküre - Das Stauffenberg-Attentat", auch "Der Vorleser" von Stephen Daldry mit Kate Winslet, David Kross und Ralph Fiennes wurde hier aufgenommen. Winslet erhielt für ihre Darstellung in dem Film 2009 einen Oscar, so wie Christoph Waltz 2010 für seine Nebenrolle in "Inglourious Basterds". Dieses Jahr ist Babelsberg bei der Oscar-Verleihung mit den Kostümen aus "Anonymous" und "In Darkness" als bestem nicht-englischsprachigen Film im Rennen.

Im Filmmuseum Potsdam widmet sich eine neue Ausstellung der Geschichte der Studios. Sie zeigt zahlreiche Originalstücke wie eine Holzkamera aus den 20er Jahren oder Entwurfszeichnungen zu "Die Nibelungen". Zu sehen sind auch Kleiderbügel von Ilse Werner, eine Schnapsflasche von Hans Albers und die Totenmaske von Asta Nielsen aus dem allerersten Babelsberger Film.

 Brad Pitt am Set von "Inglourious Basterds" in Babelsberg. Foto: Duhamel/ Studio Babelsberg

Brad Pitt am Set von "Inglourious Basterds" in Babelsberg. Foto: Duhamel/ Studio Babelsberg

 Marlene Dietrich rekelt sich 1930 im Film "Der blaue Engel". Der im Studio Babelsberg gedrehte Film wurde zum Welterfolg. Foto: dpa

Marlene Dietrich rekelt sich 1930 im Film "Der blaue Engel". Der im Studio Babelsberg gedrehte Film wurde zum Welterfolg. Foto: dpa

 Brad Pitt am Set von "Inglourious Basterds" in Babelsberg. Foto: Duhamel/ Studio Babelsberg

Brad Pitt am Set von "Inglourious Basterds" in Babelsberg. Foto: Duhamel/ Studio Babelsberg

Die Studios selbst erhalten in diesem Jahr auch einen Preis: eine Berlinale Kamera. "Das Studio Babelsberg hat Filmgeschichte geschrieben und wird nach wie vor international und national hoch geschätzt", erklärte Berlinale-Direktor Dieter Kosslick zur Preisvergabe. Auf der seit Donnerstag laufenden Berlinale werden zudem zehn Babelsberg-Filme - jeweils aus einem Studio-Jahrzehnt - gezeigt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort