Aufregung um „Niqab-Nora“

Berlin · Eine vollverschleierte Konvertitin preist in der Sendung „Anne Will“ die Rolle der Frau im Islam. Die Folge: massive Kritik, nicht nur an ihr. Hat das Erste Deutsche Fernsehen dem radikalen Islam eine Bühne gegeben?

 Ihr Schleier bedeute Freiheit, erklärte Nora Illi (r.) im ARD-Talk von Anne Will. Foto: Borrs/dpa

Ihr Schleier bedeute Freiheit, erklärte Nora Illi (r.) im ARD-Talk von Anne Will. Foto: Borrs/dpa

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Der Auftritt einer vollverschleierten Muslimin in der ARD-Talkshow "Anne Will " hat scharfe Kritik hervorgerufen. Zuschauer und Politiker hielten Will vor, sie habe dem radikalen Islam eine Plattform geboten. Im Zentrum der Empörung stand Nora Illi (32), muslimische Frauenbeauftragte des Islamischen Zentralrates der Schweiz, die am Sonntagabend mit einem Niqab auftrat, der nur einen schmalen Sehschlitz freiließ. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach und der Autor Ahmad Mansour warfen der jungen Frau vor, sie verherrliche den Krieg und verharmlose den IS-Terror.

Sie bezogen sich dabei auf einen Essay Illis, in dem sie Verständnis für junge Muslime äußert, die sich diskriminiert fühlen und deshalb in den Krieg nach Syrien ziehen. Eine solche Überzeugung müsse "als Zivilcourage" gelobt werden, schrieb Illi 2014. In Syrien selbst werde ihnen jedoch bald klar, dass der Krieg "eine bitterharte Langzeitprüfung mit ständigen Hochs und Tiefs" sei. Die Zitate wurden in der Sendung eingeblendet. Mansour kritisierte die Ausstrahlung: "Das kann man in einem öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht machen. Das ist offene Kriegspropaganda." Auch Bosbach sagte: "Das geht gar nicht." Illi schrieb gestern bei Facebook , es sei ihr keinesfalls darum gegangen, für Reisen in den Dschihad zu werben.

Die ARD verteidigte die Einladung der Frau in die Talkshow. Sie sei sorgfältig abgewogen worden, teilte die verantwortliche NDR-Redakteurin Juliane von Schwerin mit. "Die umstrittene Haltung von Frau Illi zum Beispiel zur Problematik der Ausreise von Jugendlichen nach Syrien ist deutlich zutage getreten und heftig debattiert worden."

2013 war Illi schon mal bei "Anne Will " zu Gast - zum Thema "Allahs Krieger im Westen - wie gefährlich sind radikale Muslime ?". Auch in Österreich und der Schweiz ist "die Niqab-Nora" bekannt. Ein Auftritt in der Talksendung "Club" des Schweizer Fernsehens löste Proteste von Frauenrechtlerinnen aus. Illi hatte erklärt, dass ihr der Schleier ein "Gefühl von Freiheit" gebe. Auch bei Anne Will verteidigte sie ihren Niqab . Mit Verboten würden Muslime aus der Gesellschaft ausgeschlossen und in die Radikalisierung getrieben.

Bosbach verteidigte seine Teilnahme an der Sendung. "Sitzen bleiben und argumentieren ist die bessere Form des Protests", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. CDU-Generalsekretär Peter Tauber stufte den Auftritt Illis als schweren Fehler der ARD ein: "Wenn eine Frau mit Niqab in der Sendung einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt als Frauenbeauftragte präsentiert wird, dann habe ich die Sorge, dass man demnächst im deutschen Fernsehen Herrn Assad als Menschenrechtsbeauftragten ankündigt."

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