Analyse Von Korrupten gefürchtet, in Stockholm geehrt

Stockholm · Auf den Straßen von Guatemala brodelt es. Immer wieder fordern Demonstranten den Rücktritt von Präsident Jimmy Morales. Er hatte entschieden, das Mandat der UN-Kommission zur Korruptionsbekämpfung nach September 2019 nicht zu verlängern.

 Gefürchtete Korruptionsjäger in Guatemala: Thelma Aldana und Ivan Velásquez

Gefürchtete Korruptionsjäger in Guatemala: Thelma Aldana und Ivan Velásquez

Foto: dpa/Esteban Biba

Dabei gilt Guatemala als eines der korruptesten Länder der Welt: Hier herrschen einflussreiche Netzwerke, kriminelle Familienclans, mächtige Strippenzieher.

Dagegen wehrt sich nicht nur die Bevölkerung. Morales hat zwei große Widersacher im Land. Zwei Juristen, die jetzt auch noch für ihren Kampf gegen die Misswirtschaft Land einen international beachteten Preis erhalten: Ivan Velásquez und Thelma Aldana haben sich den Alternativen Nobelpreis erkämpft. Er als kolumbianischer Richter, der die UN-Kommission gegen Straflosigkeit in Guatemala leitet. Und Aldana, die bis zum Frühjahr Generalstaatsanwältin in dem mittelamerikanischen Land war. Velásquez fordert nichts Geringeres als die Aufhebung von Morales’ Immunität für ein Strafverfahren wegen illegaler Wahlkampffinanzierung. Zwischenzeitlich wurden die beiden sogar als Kandidaten für den Friedensnobelpreis gehandelt.

Stattdessen wird ihnen nun die Auszeichnung für Menschenrechtskämpfer zuteil, deren Arbeit sonst bekämpft, belächelt oder ignoriert wird. Und obwohl Velásquez und Aldana „nur“ den undotierten Ehrenpreis erhalten, entfaltet die Würdigung eine nicht zu unterschätzende Symbolkraft. Sie könnte den Druck auf Politiker wie Morales, die in Lateinamerika sonst leicht mit ihren Eskapaden davonkommen, erhöhen.

Aldana und Velásquez leiteten „einen der erfolgreichsten Anti-Korruptions-Einsätze der Welt“, begründete die Right Livelihood Stiftung, die den Alternativen Nobelpreis mit Sitz in Stockholm auslobt, gestern ihre Wahl. Die beiden haben sich eine Menge mächtiger Feinde gemacht: Otto Pérez Molina zum Beispiel – einst schneidiger General und mächtigster Mann des Landes, jetzt dank der Korruptionsjäger sein prominentester Häftling. Oder eben Morales, der ein ähnliches Schicksal verhindern will. Er verweigert Velásquez derzeit – offiziell aus Sicherheitsgründen – die Einreise nach Guatemala. Im vergangenen Jahr ließ er ihn zur „unerwünschten Person“ erklären und ausweisen. Zwar erklärte das Verfassungsgericht des Landes letzte Woche, man müsse Velásquez einreisen lassen. Die Regierung hat das bisher aber ignoriert. „Dieser Preis kommt zu einem besonders dramatischen Zeitpunkt im Kampf gegen Straflosigkeit und Korruption“, betont Velásquez. Denn wenn das Mandat der UN-Kommission im kommenden Jahr ausläuft, kann sie nur noch – weniger schlagkräftig – aus dem Ausland agieren.

Der Preis werde die Augen der Welt auf Guatemala richten – und könne die Situation positiv beeinflussen, hoffen Aldana und Velásquez. Die Stifter des Alternativen Nobelpreises forderten Morales bereits öffentlich auf, „diese guatemaltekische Erfolgsgeschichte nicht zu beenden“. Nur so könnten Bürger wieder Vertrauen in den Staat fassen.

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