Saarländisches Literaturfestival Basisdemokratischer Gemischtwarenladen

Saarbrücken · Aufbruchstimmung inbegriffen: Was die ersten „Literaturtage im Saarland“ im April landesweit bieten werden.

Aufbruch, Aufbruch, Aufbruch: Als gestern Morgen in der Saarbrücker Stadtbibliothek das Programm der ersten „Literaturtage im Saarland“ (7. bis 22. April) vorgestellt wurde, waren die dort Versammelten alle ohne Wenn und Aber auf Aufbruch gepolt. Nicht nur Kulturminister Ulrich Commerçon (SPD) und sein für Literatur zuständiger Referatsleiter Jörg Sämann, sondern auch die gekommenen Verleger (Stefan Wirtz von Conte und Andreas Schorr vom Röhrig Universitätsverlag) und mehrere Buchhändler betonten ein ums andere Mal die Vitalität und Dynamik des saarländischen Buchhandels. Selbst ein eigenes „Lese- und Literaturland Saarland“ glaubte man, gestern ausmachen zu können.

Dass man die Programmvorstellung der Literaturtage in die Saarbrücker Stadtbibliothek verlegt hatte, rief unfreiwillig Unrühmliches im vermeintlich hehren Literaturland in Erinnerung: Aus Kostengründen wickelt die Stadtbibliothek, mit Abstand die größte kommunale hierzulande, seit einigen Jahren sämtliche Medienbestellungen über die Reutlinger EKZ (Einkaufszentrale für öffentliche Büchereien) ab, wodurch die lokalen Buchhandlungen – neben der ausgebluteten und daher weniger bestellenden Landesbibliothek – einen wichtigen Auftraggeber weitestgehend eingebüßt haben. Wenn ein von Land und Kommunen gemeinsam zu gestaltendes „Lese- und Literaturland“ seine angestammten Verkehrswege derart sträflich vernachlässigt, darf man gewisse Zweifel an der Nachhaltigkeit des großen Aufbruchsgeistes hegen.

Aber, aber: Was man mit dem neuen „Festival“ („Noch ein neues Festival, hätte ich beinahe gesagt“, meinte der süffisant gestimmte Kulturminister in Anspielung an weitere saarländische Festivalgründungen jüngeren Datums) auf die Beine gestellt hat, kann sich durchaus sehen lassen: 28 Veranstaltungen an 15 Tagen wird es geben. Die Palette reicht von Blockbustern (Sebastian Fitzeck, Ulrich Wickert), Ratgebern und Sachbüchern über Regionalautoren (darunter die beiden SZ-Redakteure Marco Reuther und Michael Beer) bis hin zu den unvermeidlichen Krimiautoren (Paul Grote, Poznanski/Strobel, Jules Vitrac) und – der größte Pluspunkt – zu einigen Belletristik-Entdeckungen: Julia Jessens „Die Architektur des Knotens“, Stefan aus dem Siepens „Aufzeichnungen eines Käfersammlers“ oder Lana Lux’ „Kukolka“.

Kein Festivalleiter gab das Programm vor, vielmehr konnte jede Buchhandlung Lesungen vorschlagen, die zu ihr passen, sagten die Organisatoren der Literaturtage gestern unisono. Neben den Verlegern Wirtz und Schorr sowie Stefanie Brich (Geschäftsführerin des Börsenverein-Landesverbandes Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) sind dies die Buchhändlerinnen Anke Birk (Bücher König, Neunkirchen), Brigitte Gode (Gollenstein Buchhandlung, Blieskastel) Beatrice Schmitt (Bücherhütte Wadern) sowie Kurt Hoffmann, Leiter der Saarbrücker Buchhandlung Raueiser. Letzterer wünschte sich gestern, dass das Festival „zur festen Größe wird“. Gode betonte, dass „jeder an Veranstaltungen das anbieten konnte, wozu man steht“. Birk hob hervor, dass „die saarländischen Buchhandlungen nahezu flächendeckend vertreten“ seien, derweil Schmitt klar machte, dass diese Literaturtage „keinesfalls etwas Elitäres werden, sondern wir die Leute dort abholen, wo sie stehen“.

Conte-Verleger Stefan Wirtz insistierte, dass diese ersten Literaturtage dabei nicht etwa Lesungen bündelten, die sowieso stattfänden – nur nicht in dieser zeitlichen Konzentration. Nein, winkte Wirtz ab: „Durch dieses Festival wird sich die Gesamtzahl der Lesungen hier aufs Jahr gerechnet sicher verdoppeln.“ Dass saarländische Autoren und Verlage dabei Berücksichtigung finden, liegt auf der Hand und ist gut so.

Was man auf Verlags- und Autorenseite gegenwärtig zu bieten hat, soll kommende Woche auch auf der Leipziger Buchmesse (15. bis 18. März) sichtbar gemacht werden, wo das Saarland seit Jahren als einziges Bundesland mit einem eigenen Messestand vertreten ist. Die Überschaubarkeit der hiesigen Literaturland-Verhältnisse erklärt dieses, wie man heute gerne sagt, Alleinstellungsmerkmal – wobei man sich fragen kann, ob dieser Vorzug seinen Nachteil (die ausgedünnte Infrastruktur) überwiegt.

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