Posthume Verleihung des Ehrentitels „Professor“ an Arnfrid Astel Verbeugung vor einem Unbeugsamen

Saarbrücken · Posthum wurde Arnfrid Astel auf dem Halberg gefeiert.

 Auf der Sendesaal-Bühne platzierte Staffelei mit Astel-Fotografie.

Auf der Sendesaal-Bühne platzierte Staffelei mit Astel-Fotografie.

Foto: Christoph Schreiner/SZ/cis

Auf einer auf der Bühne des Großen SR-Sendesaals platzierten Staffelei stand ein Foto Arnfrid Astels, auf dem er eine Schale in der Hand hält: ein Bild, das seine innere Ausgeglichenheit zu verkörpern schien. Den Ehrentitel „Professor“ konnte die Landesregierung dem unerwartet vor einem Monat in Trier im Alter von 84 Jahren gestorbenen Astel gestern auf dem Halberg nur noch posthum verleihen – im Rahmen einer (Trauer-)Feierstunde, in der von den Rednern derart viel Pathos und Weihrauch verströmt wurde, dass es womöglich selbst dem Dichter und Literaturredakteur Astel (er leitete von 1967 bis 1998 die SR-Literaturedaktion) ein wenig zu viel des Guten gewesen wäre.

SR-Intendant Thomas Kleist erinnerte daran, dass der unbeugsame Astel vorgelebt hat, was Meinungsfreiheit meint: konstruktives Misstrauen. Dazu gehörte, sich anzulegen mit „den Mächtigen“ (Kleist), wenn es angezeigt war. Pars pro toto zitierte der Intendant ein Astel-Bonmot, das dessen mehr als drei Jahrzehnte gepflegte eigensinnige Unbequemheit gegenüber seinem Sender gut einfängt. Unter dem (bitter-ironischen) Titel „Service“ hielt der große Dialektiker Astel fest:„Den Hörer dort abholen, wohin wir ihn selbst verschleppt haben.“ Wie Kleist, der mit dem Satz „Der SR ist stolz auf Dich, Arnfrid“ endete, zeichnete auch Kulturminister Ulrich Commerçon nochmals Astels, ihn Anfang der 70er bundesweit bekannt machende Fehde mit dem damaligen SR-Intendanten Franz Mai nach: Zwei fristlose Kündigungen (eine wegen Astels „Störung einer CDU-Parteiveranstaltung durch Zwischenrufe“, eine weitere wegen Veröffentlichung eines vermeintlich linksradikalen politischen Epigramms) blieben wirkungslos: Astel obsiegte auf ganzer Linie und genoss fortan (im besten Sinne) Narrenfreiheit auf dem Halberg.

Zuletzt hielt die Schriftstellerin Sibylle Knauss eine überschwängliche Eloge auf den Dichter Astel, vor dessen Sprachkunst im Zeichen äußerster Verdichtung sie sich verneigte. Dass Astel, „eine Erscheinung von großer Unaufdringlichkeit“, ein „poeta doctus“, Altertumsgelehrter und Naturforscher gewesen ist – dafür fand Knauss Mal um Mal treffende Worte. „Daran erkennt man den Dichter: Er stiftet, was bleibt“, meinte sie. Auf Astels Internetseite www.zikaden.de, die 6000 seiner Gedichte, Epigramme und Haikus umfasst, bleibt seine Stimme für uns zurück. Sie ist, so Sibylle Knauss „nur ein paar Klicks entfernt“.

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