Götter statt Politik(er): Dichter Arnfrid Astel las in Saarbrücken
Saarbrücken · Politik ist in Arnfrid Astels neuem Gedichtband außen vor. Es geht um Naturkunde und Mythologie. Anlässlich seines 80. Geburtstags las Astel in Saarbrücken.
Immer wieder mussten neue Stuhlstapel herbeigeschleppt werden. Um die 120 Menschen zog es am Montag ins Saarländische Künstlerhaus, um den Dichter Hans Arnfrid Astel am Vorabend seines 80. zu sehen und zu hören. Von Schülern seiner früheren Uni-Schreibschule, über Professoren, Literaten des VS Saar, seine Geschwister und Söhne samt Familien und Enkelkind - keiner fehlte. Bis auf die Kaste der Politiker. Ob es daran lag, dass Astel, dieser Unbequeme, sich nie vereinnahmen ließ?
Dabei kommt Politisches, anders als früher, im neuen Astel-Gedichtband "Götter im Schlosspark - Blankverse aus Wiepersorf", den der VS Saar ihm zum Geburtstag schenkte, nicht mal in homöopathischen Dosen vor. Vielmehr schwelgt Astel hier in seinen beiden anderen Lieblings-Bereichen: Naturkunde und griechische Mythologie. Die Gedichte, Ausbeute einer zweimonatigen Künstlerresidenz auf dem brandenburgischen Landsitz der Familie des Dichters Achim von Arnim im Jahr 2002, belegen, wie sehr Astel seiner Programmatik treu bleibt. Nämlich: "Texte auf Gegenstände" zu machen, sich an den Dingen zu stoßen, und, von normaler Wahrnehmung abweichend, sie in literarische Gegenstände zu verwandeln, die sich neben den Dingen sehen lassen können. So zitierte Klaus Behringer seinen alten Lehrmeister, der heiter-gelassen alle Gedichte vorlas und sich, wie immer, vor zusätzlichen Erklärungen nicht scheute.
An Götterstatuen im Schlosspark exerziert Astel die "Aufgabe der Poesie zu übersetzen, was die Alten ergriffen hat". Was Zeus, Mars oder Athene mit ihren Attributen wie Blitz, Lendentuch oder Schild dem Kenner erzählen, entfaltet und verdichtet er zugleich in nur wenigen Zeilen. Nennt flanierend Pirol und Schwertel am Teich beim Namen, bringt Feldsteine mit Gott und Teufel zusammen und jongliert bei den Worten gern mit der doppelten - konkreten und metaphorischen - Bedeutung. Möge er noch viele Jahre hellwach durch Parks spazieren und seine Fundstücke in Poesie verwandeln.
Arnfrid Astel: Götter im Schlosspark. Blankverse aus Wiepersdorf. Mit Fotos von Klaus Behringer. Topicana Bd. 28. Edition Künstlerhaus, 90 S., 10 Euro.