Krach im Bertelsmann-Vorstand

Gütersloh. Fast genau vor einem Jahr hat Hartmut Ostrowski das Ruder bei Europas größtem Medienkonzern Bertelsmann übernommen. In seiner Antrittsrede gab er die Richtung für den Konzern vor - Wachstum sei die Wurzel allen Erfolgs. Doch Finanzmarktkrise und massive Personalprobleme haben ihm einen Bremsschuh vor die Füße geworfen

Gütersloh. Fast genau vor einem Jahr hat Hartmut Ostrowski das Ruder bei Europas größtem Medienkonzern Bertelsmann übernommen. In seiner Antrittsrede gab er die Richtung für den Konzern vor - Wachstum sei die Wurzel allen Erfolgs. Doch Finanzmarktkrise und massive Personalprobleme haben ihm einen Bremsschuh vor die Füße geworfen. Das Hin und Her gipfelte kurz vor dem Weihnachtsfest im wenig harmonischen Rücktritt von Zeitschriftenchef Bernd Kundrun (Foto: ddp) aus dem bisher sechsköpfigen Bertelsmann-Vorstand. Dort wird Kundruns Entscheidung als Affront gewertet. Kundruns Tage dürften auch als Vorstandsvorsitzender von Europas größtem Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr gezählt sein. Der Graben zwischen dem Hamburger Manager und der Konzernspitze des Gütersloher Mehrheitseigners, der 74,9 Prozent an dem Zeitschriftenverlag hält, ist immer größer geworden. Zuletzt hatte Kundrun Kontakte zu Prosieben-Sat.1 eingeräumt, wo der fernseherfahrene Zeitschriftenmann ein Kandidat für den Posten des Vorstandschefs war. Bekannt wurde das Techtelmechtel mit der TV-Konkurrenz von Bertelsmanns Fernsehtochter RTL, als Kundrun im eigenen Haus massive Sparmaßnahmen verkünden ließ. Für seine Gegner in Gütersloh ein gefundenes Fressen. "So etwas tut man nicht", heißt es dort, wo die ethischen Unternehmensgrundsätze von Firmenpatriarch Reinhard Mohn noch immer sehr hoch gehängt werden. Kundruns eigentliche Begründung für seinen Rückzug aus dem Bertelsmann-Vorstand war, die Muttergesellschaft stelle zu wenig Geld für notwendige Investitionen ins krisengeschüttelte Zeitschriftengeschäft zur Verfügung. Schon vor zwei Jahren hatte Kundrun versucht, seine Vorstandskollegen wach zu rütteln. Damals kritisierte er indirekt den von der Eignerfamilie Mohn erzwungenen Aktienrückkauf im Wert von 4,5 Milliarden Euro, weil damit die Investitionsspielräume eingeengt worden seien. In den vergangenen fünf Jahren habe Gruner + Jahr eine Milliarde Euro nach Gütersloh weitergereicht. Der Rückfluss sei spärlich gewesen. Das Geld wäre zur Stärkung der Markenstrategie und zur Sicherung von Arbeitsplätzen bitter nötig gewesen.Kundrun ist nicht der einzige Top-Manager, der im ersten Jahr von Ostrowskis Vorstandsvorsitz das Weite sucht. Auch der Leiter der Buchverlagssparte, Peter Olson, verließ das Medienhaus. Die Zahlen der weltweit größten Buchverlagskette Random House stimmten nicht mit der Wachstumsstrategie Ostrowskis überein. Dieser wollte jetzt neue Investitionsziele für die Zeit nach der Finanzkrise ausloten. Bisher hat er den Konzern aufgeräumt, die Unternehmensbereiche Musik sowie die Clubgeschäfte mit Büchern und Musik in mehreren Ländern verkauft, Schulden zurückgeführt. Neue wachstumsstarke Konzernsparten sind nicht in Sicht. Investitionen in den Bildungsmarkt sind auf Eis gelegt, auch ein größerer Zukauf im Fernsehbereich steht nicht an. Ostrowski will den Konzernumsatz von 20 auf 30 Milliarden Euro steigern. Es könne jetzt aber länger als bis 2015 dauern. dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort