Computerspieler leben oft ungesund Wer viel zockt, bewegt sich oft zu wenig

Köln · Sportwissenschaftler haben untersucht, wie viel Bewegung Computerspieler haben. Sorgen bereiten den Forschern vor allem Freizeitsportler am PC.

 Gerade Jugendliche, die in ihrer Freizeit spielen, vernachlässigen häufig den körperlichen Ausgleich.

Gerade Jugendliche, die in ihrer Freizeit spielen, vernachlässigen häufig den körperlichen Ausgleich.

Foto: dpa/Marco Hadem

Das Klischee vom typischen Computerspieler ist schnell zusammengezimmert: eher unsportlich, eher übergewichtig, eher am dumpfen Geballer interessiert. Die Deutsche Sporthochschule Köln hat dieses Bild nun einer Prüfung unterzogen und E-Sportler, also Menschen, die am Computer oder an der Konsole gegeneinander Wettkämpfe ausfechten, über ihren Alltag und ihre Gesundheit befragt. Das Fazit der Forscher: Die Klischees sind überholt – aber beim Essen, bei der Regeneration und bei der Bewegung gibt es durchaus Luft nach oben.

Zur Risikogruppe gehörten allerdings eher die, die hobbymäßig spielten, sagt der Kölner Sportwissenschaftler Ingo Froböse. Grund sei, dass diese Spieler – anders als viele Profis, die mit Zocken Geld verdienen – zum Teil völlig unkontrolliert und ungehemmt losspielten. Ausgleichsphasen für die Zeit am Bildschirm gingen dadurch verloren. Hinzu käme unregelmäßiges Trinken und Essen und wenig Schlaf. Vor allem den „ambitionierten Breitensport“ müsse man daher kritisch betrachten, so Froböse. „Spieler ernähren sich nicht gut, die sitzen viel zu viel, die machen kaum körperliche Aktivität als Ausgleich. Für die ist Spielen Lebenselixier.“

Beim E-Sport werden Spiele wie League of Legends, Counter-Strike oder die Fußball-Simulation Fifa auf Wettbewerbsebene ausgefochten. Es haben sich Ligen mit hohen Preisgeldern etabliert. Die aktuelle Untersuchung fußt auf rund 1200 Fragebögen. Diese hatte die Sporthochschule unter anderem bei E-Sport-Veranstaltungen und auf entsprechenden Webseiten verbreitet. Daraus leiteten die Autoren ein Bild des durchschnittlichen E-Sportlers ab: männlich, 23 Jahre alt, hohe Schulbildung. Im Schnitt wird drei bis vier Stunden am Tag gespielt.

Da jeder bei der Befragung mitmachen konnte, sind die Ergebnisse im engeren Sinne nicht repräsentativ. Ursachen und Zusammenhänge wurden ebenfalls nicht eingehender hinterfragt.

Die Daten deuten aber an, dass wer mehr spielt auch länger sitzt und weniger für seine Gesundheit tut. Die Befragten gaben zudem im Mittel an, rund 40 Minuten weniger zu schlafen als der deutsche Durchschnitt. Die Hälfte spiele hobbymäßig neben dem Job oder der Ausbildung.

Ein Großteil hat den Auskünften zufolge zudem Übergewicht. „Das ist auffällig“, so Froböse. Die E-Sportler lägen über dem Gesamtdurchschnitt in ihrer Altersgruppe. Das sei ein weiterer Grund, warum man sich mit E-Sportlern beschäftigen müsse.

Folgt man den Antworten in den Fragebögen, trifft das Klischee vom bewegungsfaulen Zocker dennoch nur bedingt zu. 84 Prozent gaben an neben dem E-Sport-Engagement klassische Sportarten zu betreiben. Die große Mehrheit erklärte, etwa zum Fitnesstraining zu gehen oder zu joggen.

Jörg Müller-Lietzkow; Professor am Institut für Medienwissenschaften der Universität Paderborn, warnt allerdings davor, das Bild vom Durchschnittszocker blind zu verallgemeinern. „Den gemeinen E-Sportler gibt es nicht“, sagt er. Es gibt ja auch nicht den gemeinen Fußballer, sondern ebenso Profis in der Bundesliga wie Leute, die ab und zu auf den Bolzplatz gehen“, so Müller-Lietzkow. „Man muss diese vielen Ebenen unterscheiden.“

Wer einen dauerspielenden Jugendlichen im Haus habe, müsse sich daher auch nicht sofort Sorgen machen. „Es kommt immer auf den gesunden Abstand an“, sagt Klaus Wölfling, Diplom-Psychologe in der psychosomatischen Klinik der Universitätsmedizin Mainz. „Ich würde nicht grundsätzlich davor warnen, in die E-Sport-Szene zu gehen. Man sollte aber die Kontrolle über sein Leben behalten.“ Solange für die jungen Spieler der Unterhaltungsaspekt im Vordergrund stehe, sie einen intakten Freundeskreis hätten und mit vorübergehenden Abstinenzzeiten zurechtkämen, bestehe kein Grund zur Sorge, so die Einschätzung des Psychologen.

(dpa)
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