Gesucht: Das erste Foto einer zweiten Erde

Für Astronomen ist es die größte technische Herausforderung aller Zeiten. Wem wird das erste Foto eines Planeten gelingen, der unserer Erde gleicht? Ein Bild, das eine möglicherweise von anderen Lebewesen bewohnte Welt zeigt? Mehrere Weltraumobservatorien sind in Planung. Der extremste Vorschlag ist das Einstein-Teleskop mit Nuklear-Antrieb.

 So malt sich der Zeichner der europäischen Raumfahrtorganisation Esa die Planeten eines fernen Sonnensystems aus. Grafik: ESA/Carreau

So malt sich der Zeichner der europäischen Raumfahrtorganisation Esa die Planeten eines fernen Sonnensystems aus. Grafik: ESA/Carreau

Paris. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Astronomen über 1800 Planeten fremder Sterne nachgewiesen. Fast täglich kommen neue hinzu. Doch gilt es bei diesen Nachrichten genau hinzuhören. Nachweis bedeutet nicht, dass es möglich wäre, einen fremden Planeten zu beobachten. Wer ein Foto als Beweis verlangt, wird enttäuscht. Der Nachweis erfolgt immer indirekt.

Einen fremden Planeten zu finden, ist vergleichbar mit der Schwierigkeit, ein Staubkorn abzubilden, das am Rand des Lichtkegels eines Flutlichtstrahlers vorbeihuscht. Die Chancen für Astronomen stehen umso besser, je größer der Planet ist und je näher er seinen Stern umkreist. Deshalb haben Astronomen bislang überwiegend Himmelskörper entdeckt, die mehr als doppelt so groß wie die Erde sind und ihren Stern auf einer Bahn umkreisen, die wesentlich dichter an der Sonne als die der Erde liegt.

Doch dort sind die Umweltbedingungen in der Regel so extrem, dass die Objekte reine Zählkandidaten sind. Wie häufig Planeten irdischer Größe sind, lässt sich heute trotz der hohen Zahl der Entdeckungen nicht sagen. Erst die Weltraum observatorien der nächsten Generation sind in der Lage, mehr davon zu finden.

Europäische und US-amerikanische Astronomen leisten sich dabei ein Wettrennen um den ersten Nachweis einer zweiten Erde, die in Größe, Bahndaten und der Zusammensetzung der Atmosphäre mit unserer Heimat vergleichbar ist. Während die Nasa den Start der Weltraumobservatorien Tess (Transiting Exoplanet Survey Satellite, Start: 2017) und JWST (James Web Space Teleskope, 2018) vorbereitet, will die Europäische Weltraumorganisation Esa die Astrosatelliten Cheops (Characterising Exoplanets Satellite, 2017) und Plato (Planetary Transits and Oscillation of Stars, 2024) starten. Sie sollen erdgroße Planeten in der bewohnbaren Zone um benachbarte Sterne nachweisen und mit spektroskopischen Methoden auch nach Sauerstoff, Wasser und anderen Molekülen suchen, die einen Hinweis auf Leben geben können.

Erste Bilder von Exo-Planeten erhoffen sich Astronomen von der sogenannten optischen Interferometrie. Dabei beobachten mehrere Teleskope gleichzeitig ein Objekt im Weltraum. Ein Hochleistungsrechner kombiniert deren Daten und errechnet daraus ein Bild, dessen Abbildungsqualität derjenigen eines Teleskopspiegels entspricht, dessen Durchmesser so groß wie der Abstand der Einzelteleskope ist. In der Radioastronomie wird das Verfahren seit Jahren benutzt. In der optischen Astronomie funktioniert es bislang nur bei hellen Sternen und nicht bei den viel dunkleren Planeten .

Weit darüber hinaus reicht der Vorschlag, den der italienische Astronom Claudio Maccone vom Institut für Interstellare Studien in London unterbreitet hat. Er schlägt vor, die Sonne als Gravitationslinse nutzen. Das Prinzip basiert auf Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Danach krümmt die Gravitation einer sehr großen Masse wie der Sonne Lichtstrahlen von dahinter liegenden Objekten, wenn diese nahe am Sonnenrand stehen. Die Sonne wirkt damit wie eine Lupe.

Erstmals beobachtet hat diesen Effekt der englische Astronom Sir Arthur Eddington im Jahr 1919 bei Messungen während einer Sonnenfinsternis. Nutzen lässt er sich bislang aber nicht, denn die Brennweite der Gravitationslinse ist so riesig, dass ein Teleskop in einer Entfernung positioniert werden müsste, die dem 550-fachen Abstand der Erde von der Sonne entspricht. Das ist mehr als das Zehnfache der Entfernung des Kleinplaneten Pluto.

Während eines Umlaufes um die Sonne könnte das Einstein-Teleskop Planeten von einigen Millionen Sternen beobachten. Da es in so großer Entfernung von der Sonne für einen kompletten Umlauf allerdings mehrere tausend Jahre benötigen würde, könnte es sinnvoll sein, mehrere identische Teleskope zu starten.

Maccone hofft, mit solchen Geräten nicht nur Kontinente und Meere auf fernen Planeten sichtbar machen zu können, sondern auch Spuren von Zivilisationen. Selbst der Funkverkehr ließe sich damit abhören. Technisch wäre der Bau eines solchen Teleskopes, das mit zwei Metern Spiegeldurchmesser nicht einmal besonders groß sein müsste, möglich. Doch einen Satelliten in eine solche Bahn zu bringen und mit Energie zu versorgen, ist nach heutigem Stand des Wissens nur mit Nuklearenergie möglich. Darauf verzichtet die Europäische Weltraumorganisation Esa jedoch aus Sicherheitsgründen.

 Der Durchgang eines Planeten vor der Sonnenscheibe sorgt für einige Stunden für einen geringfügigen Helligkeitsabfall. Grafik: CNES

Der Durchgang eines Planeten vor der Sonnenscheibe sorgt für einige Stunden für einen geringfügigen Helligkeitsabfall. Grafik: CNES

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HintergrundDie Transitmessung ist die von den Astronomen heute am häufigsten angewendete Methode, einen fremden Planeten nachzuweisen. Dabei registrieren die Wissenschaftler geringfügige Helligkeitsveränderungen eines Sterns, die auftreten, sobald von der Erde aus gesehen ein Planet vor ihm vorüberzieht. Damit können allerdings nur Himmelskörper gefunden werden, die vom Teleskop aus gesehen gerade in der Sichtlinie eines Sterns vorüberwandern. Um bei diesen Messungen Fehler durch Sonnenflecken zu vermeiden, müssen die Astronomen zudem mehrere Durchgänge eines Planeten auswerten. us

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