Künstliche Befruchtung mit Grenzen

Brüssel/Straßburg. Rund 700 000 Paare in Deutschland wünschen sich nichts sehnlicher als ein Kind. Viele hatten nun auf Hilfe durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gehofft

 Künstliche Befruchtung, wie hier zu sehen, bleibt in Österreich verboten. Foto: Grubitzsch/dpa

Künstliche Befruchtung, wie hier zu sehen, bleibt in Österreich verboten. Foto: Grubitzsch/dpa

Brüssel/Straßburg. Rund 700 000 Paare in Deutschland wünschen sich nichts sehnlicher als ein Kind. Viele hatten nun auf Hilfe durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gehofft. Doch der urteilte gestern in Straßburg in zwei österreichischen Fällen unmissverständlich: Der Staat hat das Recht, die künstliche Befruchtung durch Spenden Dritter zu verbieten (Aktenzeichen: EGMR Beschwerde-Nr.57813/00). Dies ist kein Verstoß gegen den Schutz der Familie in der Menschenrechtscharta. In der Alpenrepublik dürfen weder Samen- noch Eizellen Außenstehender genutzt werden. In der Bundesrepublik ist die Befruchtung von Eizellen einer fremden Spenderin, die dann von der Partnerin ausgetragen werden, untersagt.Als besonders umstritten gilt insbesondere die Eizellenspende. Würde diese erlaubt, könne es zu einer "Aufspaltung der Mutterschaft" kommen, stellten die Straßburger Richter fest. Mit seinem Verbot wollte der Gesetzgeber erreichen, dass "die Identität der Mutter immer sicher feststeht". Man habe einer Situation vorbeugen wollen, "dass zwei Frauen behaupten können, biologische Mutter desselben Kindes zu sein".

Interessant sind aber gerade bei dieser Frage die Schlussfolgerungen der Hüter der Menschenrechts-Charta. Sie sehen in dem einschlägigen (deutschen und österreichischen) Gesetz nämlich auch einen Beitrag, um Frauen zu schützen. "Die Gefahr, dass sozial benachteiligte Frauen ausgenutzt und Frauen unter Druck gesetzt werden könnten, mehr Eizellen zu produzieren als für ihre eigene künstliche Befruchtung notwendig wären", habe bei der Abfassung der Vorschriften eine wichtige Rolle gespielt. Außerdem dürfe der Staat einen Rechtsrahmen erlassen, um "ungewöhnliche Familienbeziehungen, die von der üblichen Eltern-Kind-Beziehung auf der Grundlage einer direkten biologischen Verwandtschaft abweichen", zu verhindern.

Auch die Bundesregierung betonte, es bestehe ein "fundamentaler sozialer Konsens" darüber, dass die Mutterschaft eindeutig sein solle. Das in Deutschland geltende Verbot der Eizellen-Spende schütze das Kind davor, eine genetische und eine biologische Mutter zu haben. Für betroffene Paare bedeutet dies, dass auch künftig eine Befruchtung außerhalb des Mutterleibes möglich ist, wenn die Mutter in spe funktionsfähige Eizellen produziert, die mit dem Sperma des eigenen Partners (in Deutschland auch eines anonymen Spenders) zusammengebracht werden. dr

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