Na dann, gute Nacht

Flörsheim. Mittags in Flörsheim: ein wolkenloser Himmel mit unzähligen Kondensstreifen. Menschen, die immer wieder die Stimme erheben, um das Grollen und Rauschen der Flugzeuge über ihren Köpfen zu übertönen. Die Nacht war ruhig in Flörsheim, der Tag ist es nicht. Seit Eröffnung der neuen Landebahn Nordwest vor wenigen Tagen ist es noch schlimmer geworden, sagen die meisten

Flörsheim. Mittags in Flörsheim: ein wolkenloser Himmel mit unzähligen Kondensstreifen. Menschen, die immer wieder die Stimme erheben, um das Grollen und Rauschen der Flugzeuge über ihren Köpfen zu übertönen. Die Nacht war ruhig in Flörsheim, der Tag ist es nicht. Seit Eröffnung der neuen Landebahn Nordwest vor wenigen Tagen ist es noch schlimmer geworden, sagen die meisten.Belästigung durch den Fluglärm ist für Ruth Reis ein steter Begleiter geworden. Die 67-Jährige lebt im achten Stock eines Hochhauses in Flörsheim und der Blick aus ihrem Fenster ist ihr regelrecht unheimlich. "Manchmal denke ich, das Flugzeug landet direkt auf meinem Dach." Aber sie hat sich an den Lärm gewöhnt. Ebenso wie viele ihrer Nachbarn in Flörsheim.

Ziemlich abgebrüht

Willibald Klasen (75), der bereits seit 34 Jahren im Stadtteil Weilbach wohnt, stören die vielen Flieger zum Beispiel schon lange nicht mehr. "Ich bin mittlerweile so abgebrüht, dass mir das Nachtflugverbot völlig egal ist", erzählt er. Auch für Horst Vonhier (72) gehört der Fluglärm zum Alltag dazu. Die erste Nacht ohne Flieger über Flörsheim war deshalb auch für ihn nichts Besonderes. "Krach haben wir durch die Bundesstraße und die Bahnanbindung auch ohne Flugzeuge."

Für Annemarie Sobek ist der Fluglärm dagegen ein erhebliches Problem. Die 64-Jährige öffnet schon seit langer Zeit ihre Fenster nur noch zum kurzen Stoßlüften. Ansonsten bleiben sie geschlossen, weil Sobek den Lärm ansonsten nicht aushalten würde. Die erste Nacht ohne Fluglärm hat sie daher gar nicht bewusst wahrgenommen. Nur eins ist klar: Wenn im kommenden Frühjahr das Nachtflugverbot endgültig verhängt werden sollte, will sie endlich wieder bei geöffneten Fenstern schlafen.

Auf ein langfristiges Nachtflugverbot hofft auch Petra Schäfer, der die nächtliche Stille so suspekt war, dass sie vor lauter Ruhe nicht einschlafen konnte. Sie lebt nämlich seit Jahren mittendrin im Fluggeschehen und leidet sogar körperlich unter dem ständigen Lärmpegel: "Wenn ich nachts aufwache und die Flugzeuge höre, flattert mein Herz."

"Lärm macht krank" - diese These vertritt auch Hans Jakob Gall, der Vorsitzende des Vereins "Für Flörsheim". Konzentrationsschwäche und erhöhter Stress seien die Folge des permanenten Geräuschpegels. Es habe sich zuvor niemand vorstellen können, was es bedeute, wenn die Flieger nur noch in 275 Meter Höhe über der Stadt hängen. "Jetzt haben wir es. Die versiegelten Flächen und Gebäude werfen den Schall zurück und verstärken ihn noch. Der Lärm ist unvereinbar mit unserer Gesundheit."

Vorläufig ist die Nacht nun ruhig, doch Gall sieht auch für den Fall der Bestätigung des Nachtflugverbots weitere Probleme auf sich und seine Nachbarn zukommen: Die Nachtflüge würden vorwiegend in die Randstunden des Flugverbots verschoben. Ab fünf Uhr heulen die Maschinen wieder über Flörsheim oder in der anderen Richtung über Offenbach.

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