Die Ministerliste der Sozialdemokraten Das große Finale der neuen SPD-Show

Berlin · Drei Frauen, drei Männer, viel Beifall: Bei der Vorstellung ihrer Minister feiern sich die Genossen nach vielen harten Tagen ein bisschen selbst.

 Unter den Augen des SPD-Granden Willy Brandt (links als Statue) stellte die Partei in ihrer Berliner Parteizentrale ihre sechs Minister für die neue große Koalition vor. Darunter auch der Saarländer Heiko Maas als neuer Außenminister.

Unter den Augen des SPD-Granden Willy Brandt (links als Statue) stellte die Partei in ihrer Berliner Parteizentrale ihre sechs Minister für die neue große Koalition vor. Darunter auch der Saarländer Heiko Maas als neuer Außenminister.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Andrea Nahles hat sich als SPD-Generalsekretärin vor ein paar Jahren den US-Wahlkampf angeschaut, sie zeigte sich danach begeistert von der Show eines Barack Obama. Als neue starke Frau der alten SPD setzt sie jetzt auf etwas mehr Inszenierung. Wenngleich am Freitag keine Konfettikanonen explodieren oder Fanfaren erklingen bei der Vorstellung der sechs SPD-Minister für die große Koalition. Pünktlich um 10 Uhr betreten Nahles, die beim Parteitag im April offiziell erste Chefin der SPD werden soll, und der kommissarische Vorsitzende Olaf Scholz die Bühne im Berliner Willy-Brandt-Haus, um zu verkünden, was in den Tagen zuvor schon weitgehend durchgesickert war. Nach und nach spazieren schließlich die Auserwählten aufs Podium. Erst die Frauen, dann die Männer. Jedes Mal bedacht mit Lobpreisungen von Nahles und Scholz.

Das Führungsduo steht auf einer kreisförmigen roten Bühne, dahinter ist in großen Lettern zu lesen: SPD. Scholz beginnt, er erwähnt, dass unter anderem der bisherige Außenminister Sigmar Gabriel raus ist. In der Hand hält er wie im Fernsehen Moderationskarten, die SPD beschwört ja die Erneuerung. Als erstes ruft er Katarina Barley auf, neue Justizministerin im Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Barley, die 49-Jährige aus Tier, tritt hinten aus einem Raum heraus, schreitet zur Bühne und darf sich hinter Scholz und Nahles positionieren. Man wüsste jetzt gern, was sie über diese Show denkt.

So geht es dann weiter. Die Bürgermeisterin von Berlin-Neukölln, Franziska Giffey, 39, übernimmt das Ressort Familie und ist womöglich das interessanteste Gesicht. Dann kommt die frühere nordrhein-westfälische Forschungsministerin Svenja Schulze – was die 49-Jährige für das Umweltressort qualifiziert, darüber rätselt man nicht nur in ihrem künftigen Ministerium.

Nahles darf als Frau nach Scholz die drei männlichen SPD-Minister vorstellen. Als erstes ist der neue Vizekanzler und Finanzminister dran: „Ich glaube, Olaf Scholz ist ein großer Gewinn für die Bundespolitik“, sagt sie. Der 59-Jährige ist der Fixpunkt, ob das Wagnis der dritten Groko mit Merkel klappt.

Der Wechsel von Heiko Maas aus dem Justizressort ins Außenamt war schon bekannt, wie die Personalie Scholz. Als Fachmann für Internationales ist der 51-jährige Saarländer zwar noch nicht in Erscheinung getreten. Für Nahles ist aber allein schon seine Herkunft ein Qualitätsnachweis: Man müsse keinem Saarländer erklären, was Europa politisch bedeute, sagt sie mit Blick auf die geographische Lage des Landes.

Auf den Chefsessel des Arbeitsministeriums sitzt künftig Hubertus Heil. Für den 45-jährigen Niedersachsen ist die Berufung eine späte Genugtuung. Gehört er dem Bundestag doch schon 20 Jahre lang an, war schon zwei Mal Generalsekretär. Der Bildungs- und Wirtschaftsexperte war lange reif für ein Ministeramt, doch passte es irgendwie immer nie. Heil nahm das immer klaglos hin und blieb loyal. Jetzt zahlt sich das aus.

Alle sechs Minister werden für sie neue Häuser übernehmen. Barley als Justizministerin wird dem neuen Super-Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Stirn bieten müssen, Umweltministerin Schulze dem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), dem zweiten Saarländer im Kabinett – und Scholz Merkel. Der verwaltet die Kasse der Koalition – und muss zeigen, dass die SPD ein klareres Linksprofil entwickelt und nicht nur mit Merkel schmust.

Beim SPD-Personaltableau ist nicht nur dem Geschlechterproporz Genüge getan, sondern auch landsmannschaftlichen Befindlichkeiten. Als größter SPD- Landesverband musste NRW genauso bedient werden wie Niedersachsen – das einzige Bundesland, in dem die Partei 2017 eine Wahl gewinnen konnte. Und ohne eine ostdeutsche Stimme im Kabinett wären die Genossen in den neuen Ländern auf die Barrikaden gegangen. Nach SZ-Informationen haderten allerdings die „Seeheimer“, die konservativen SPD-Flügelkämpfer, mit den Entscheidungen von Nahles und Scholz, weil keiner der Ihren am Kabinettstisch sitzt. Andere wiederum störten sich an den Durchstechereien bei der Personalfindung.

Den ersten Stimmungstest besteht das Personal aber bei einem anschließenden Sondertreffen der SPD-Bundestagsfraktion. Als die sechs Minister mit Nahles in den Saal kommen, brandet Beifall auf. Freilich ist nur die Hälfte der Abgeordneten da. Auch Sigmar Gabriel nicht, angeblich wegen eines Einschulungstests seiner Tochter. Er bekommt nicht mit, wie seinem Nachfolger Maas von vielen gratuliert wird. Debatten um diese Rochade gibt es nicht. „Das ist inzwischen überall abgehakt“, sagt ein Abgeordneter. „Wir gucken jetzt alle nach vorne“.

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