Merkel rügt CSU-Mann CSU-Minister vergiftet Groko mit Glyphosat

Berlin · Kanzlerin Merkel rügt den CSU-Mann nach dem EU-Alleingang scharf. Weitere Konsequenzen? Vorerst keine. Die SPD tobt.

 Saar-Umweltminister Reinhold Jost.

Saar-Umweltminister Reinhold Jost.

Foto: Döpke

Eines weiß man von Christian Schmidt: Er möchte gerne Landwirtschaftsminister bleiben. Die Chancen des CSU-Mannes, sein Amt auch zu behalten, hatten sich mit der Aussicht auf eine erneute große Koalition sogar deutlich verbessert. Doch nun das: Schmidts Alleingang bei der weiteren Zulassung von Glyphosat bringt ihm den Zorn der SPD ein – und eine deftige Rüge der Kanzlerin.

Allenthalben gilt Schmidt als Minister ohne Fortüne. Stets freundlich im Umgang, aber hölzern bei seinen Auftritten. Kein Mann der einfachen Botschaften. Viel wird von ihm vermutlich nicht in Erinnerung bleiben, und wenn doch, dann nur seine ungewollten Auftritte in der „Heute Show“. Wobei – mit dieser Bewertung tut man Schmidt auch ein wenig Unrecht. Der gelernte Verteidigungspolitiker, der keine Akte ungelesen lässt, und auch mal Mitarbeiter militärisch in den Senkel stellt, fremdelte zwar anfangs mit seinem Amt. Doch im Laufe der Jahre hat er sich in die komplexe Agrar-Materie eingearbeitet.

Fast täglich grüßte ihn während seiner bisherigen Amtszeit das Murmeltier namens Barbara Hendricks. Mit der SPD-Umweltministerin lieferte sich der 60-Jährige ein ums andere Mal heftige Auseinandersetzungen. Immer wieder mischten sich beide in die Zuständigkeiten des jeweils anderen ein. So präsentierte Hendricks vor Monaten „neue Bauernregeln“, um im Rahmen einer Kampagne für eine naturverträglichere Landwirtschaft zu werben. Schmidt wiederum schaltete auf stur, als es um die Zustimmung zu Hendricks Klimaschutzplan 2050 ging. Dann forderte die Genossin eine umfassende Agrarreform und machte Druck beim Tierwohl, während der Christsoziale eine völlig andere Richtung einschlagen wollte. Abstimmung zwischen beiden Häusern – oft Fehlanzeige.

Der Verdacht liegt nun nahe, dass Schmidt die Gelegenheit einer nur geschäftsführenden Regierung ausgenutzt hat, um Hendricks bewusst vorzuführen. Denn gegen den ausdrücklichen Willen seiner Ministerkollegin stimmte er bei der EU für die weitere Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat. Ein klarer Bruch der Geschäftsordnung der Bundesregierung, den Schmidt ohne Wissen der Kanzlerin begangen haben will. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, wo Union und SPD über eine Neuauflage der Groko reden. Entsprechend empört reagierten Hendricks und die SPD. Merkel erklärte gestern, sie sei inhaltlich auf der Seite Schmidts, aber sein Vorgehen habe nicht der „Weisungslage entsprochen“. Das dürfe sich nicht wiederholen. Konsequenzen: keine.

Ob das aber reicht, um die erhitzten Gemüter der SPD zu beruhigen, ist noch offen. Die Kanzlerin hat schon einmal einen Minister rausgeschmissen, nämlich vor fünf Jahren den damaligen Umweltminister Norbert Röttgen. Ebenfalls wegen Ungehorsams. Nur: Röttgen ist CDU-Mitglied. Schmidt gehört der CSU an, ist sogar Parteivize. Da kann Merkel ohne Horst Seehofers Willen nicht viel ausrichten. Bleibt ein freiwilliger Rücktritt. Aber das kommt für Schmidt im Moment nicht in Frage.

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