Keine Privatisierung von Atommüll-Lagern

Berlin. Nach heftiger Kritik ist die Bundesregierung von Plänen abgerückt, die Privatisierung von Atommüll-Lagern zu erleichtern. Es bleibe bei der bisherigen Regelung im Atomgesetz, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern in Berlin. Demnach ist das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) verantwortlich, es kann die Verantwortung für solche Lager aber an Dritte übertragen

Berlin. Nach heftiger Kritik ist die Bundesregierung von Plänen abgerückt, die Privatisierung von Atommüll-Lagern zu erleichtern. Es bleibe bei der bisherigen Regelung im Atomgesetz, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern in Berlin. Demnach ist das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) verantwortlich, es kann die Verantwortung für solche Lager aber an Dritte übertragen. Zunächst war geplant, dem BfS diese wichtige Befugnis zu entziehen. Seibert betonte, es gebe aktuell keine Privatisierungspläne. Zunächst müsse die Eignung Gorlebens als Endlager geprüft werden. Die Erkundung dort soll am 1. Oktober wieder aufgenommen werden. Dafür will die Regierung auch auf Enteignungen setzen. Laut Entwurf für das Atomgesetz sollte die bisherige BfS-Befugnis an das Umweltministerium übertragen werden, das dann wiederum private Betreiber mit der Verantwortung für Atommüll-Lager hätte betrauen können. Die Opposition sprach von einer geplanten Entmachtung des BfS-Chefs Wolfram König. Er ist Grünen-Mitglied und Kritiker längerer Atomlaufzeiten. Die Regierung will diese um durchschnittlich zwölf Jahre verlängern.Bislang liegen die geplanten Endlager Gorleben und das Lager für schwach und mittelradioaktiven Abfall, Schacht Konrad, in alleiniger Verantwortung des BfS. Aber es ist umstritten, dass das Amt Atommüll-Lager betreiben und zugleich kontrollieren soll. Das Umweltministerium bestätigte zunächst, dass bei der Novelle des Atomgesetzes eine Änderung bei möglichen Privatisierungen geplant sei. Ein Presse-Statement wurde dann aber wieder zurückgezogen - offensichtlich nach Rücksprache mit dem Kanzleramt. Die Überlegungen für diese Neuordnung wurden laut Seibert "im Laufe des Vormittags" zu den Akten gelegt. Hintergrund dürfte auch die harsche Kritik von allen Seiten sein. Die Debatte über längere Atomlaufzeiten und den Vertrag mit den Energiekonzernen hat der Regierung im Wähleransehen laut Umfragen ohnehin geschadet. "Es bleibt alles beim alten", sagte Seibert. Damit wären auch Privatisierungen möglich, aber über das BfS."Bock zum Gärtner gemacht"Grünen-Chefin Claudia Roth sagte: "Die geplante Entmachtung des Bundesamts für Strahlenschutz gleicht einem ministeriellen Harakiri." Wenn die Atomindustrie für ein Endlager verantwortlich wäre, würde "der Bock zum Gärtner gemacht". Denn das Interesse der Atomindustrie sei, "möglichst schnell und preiswert möglichst viel Atommüll zu verbuddeln". SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber sagte im RBB-Inforadio, bisher liege die Rechts- und die Fachaufsicht beim Bundesamt für Strahlenschutz. Damit könnten Regierung und Parlament mitentscheiden. "Würde das Gesamtverfahren an ein externes Unternehmen übertragen, hätte die Regierung keine fachliche Zuständigkeit mehr, und das Parlament wäre ausgeschaltet." Auch der Unions-Obmann im Bundestags-Umweltausschuss, Josef Göppel (CSU), lehnte eine "privatwirtschaftliche Lösung" ab.dpa

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