Deutsche Islamisten an der Front

Berlin · Deutsche Islamisten werden laut Verfassungsschutz zum Kanonenfutter für Al-Qaida-artige Terrormilizen in Syrien. Überlebende Rückkehrer könnten zur Zeitbombe für die innere Sicherheit werden.

In Syrien kämpfen nur wenige Islamisten aus Deutschland, diese würden aber von den dort kämpfenden Terrororganisationen geradezu "verheizt". Das geht aus Erkenntnissen deutscher Geheimdienste hervor, wie mehrere Medien am Wochenende berichteten. Seine Behörde gehe derzeit von 20 Personen aus Deutschland aus, die durch die Kämpfe ums Leben gekommen seien, sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Diese hohe Zahl der Getöteten deute darauf hin, dass die Islamisten aus Deutschland unvorbereitet in Kämpfe geschickt würden, die sie nicht erfolgreich bestehen könnten. "Man könnte sagen: Sie werden verheizt", sagte Maaßen. Von den rund 300 Islamisten, die aus Deutschland in Richtung Syrien gereist sein sollen, gelangen aber offenbar nur wenige tatsächlich zum Kampfeinsatz, berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Deutsche Sicherheitsbehörden gehen von etwa einem Dutzend aus, die aktuell im Einsatz sind.

Nahezu alle von ihnen stünden auf Seiten der als besonders brutal geltenden Organisation Islamischer Staat im Irak und Syrien (ISIS). Die salafistische Terrormiliz ist ein Ableger des Terrornetzes Al-Qaida, hat sich aber mit deren Führung überworfen. Der Verfassungsschutz befürchtet laut Maaßen eine wachsende Terrorgefahr durch nach Deutschland zurückkehrende Islamisten, die in Syrien Kampferfahrung gesammelt haben. Sogar junge Frauen "mit einer eigenen islamistischen Motivation" reisten zunehmend in das Bürgerkriegsland, fügte Maaßen hinzu.

So wird nach Ermittlungen der Polizei eine 16-Jährige aus Konstanz in Syrien für Kampfeinsätze geschult. Zum ersten Mal sei damit "eine junge Frau bewusst als Kämpferin nach Syrien gegangen", sagte Inspektionsleiter Alexander Stalder der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Das Mädchen namens Sarah O. reiste demnach Ende Oktober 2013 im Alter von damals 15 Jahren allein über die Türkei aus. Sie wird nahe der Stadt Aleppo vermutet, wie die "FAS" schrieb. In Internet-Foren habe sie Fotos von sich mit Waffen gezeigt und dafür geworben, dass muslimische Frauen kämpfen müssten, wenn nicht genug Männer das täten. Sarah O. hat nach Informationen der Zeitung Anfang Januar den aus Köln stammenden Ismail S. geheiratet. Der hatte vor sechs Jahren gemeinsam mit seinem Bruder versucht, die Dienstwaffen von Polizeibeamten zu stehlen, um damit "in den Heiligen Krieg" zu ziehen.

Die Sicherheitsbehörden gehen von einem Potenzial von rund 5000 Islamisten in Deutschland aus, die bereit wären, in Syrien gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad zu kämpfen. "Diese Leute haben ein extremes Maß an Verrohung, das sie brandgefährlich macht", zitiert das Nachrichtenmagazin "Focus" einen leitenden Antiterror-Experten des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die Rückkehr traumatisierter oder radikalisierter Syrien-Kämpfer stelle eine große Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands dar.

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