Herr über die eigenen Träume sein

Mannheim. Es klingt paradox: Im Schlaf kann man sich während eines Traums bewusst sein, dass man gerade träumt. Menschen, die solche so genannten luziden Träume (Klarträume) haben, sind damit Herr ihrer eigenen Träume - sie können selbst bestimmen, welche Bilder im Kopf entstehen

Mannheim. Es klingt paradox: Im Schlaf kann man sich während eines Traums bewusst sein, dass man gerade träumt. Menschen, die solche so genannten luziden Träume (Klarträume) haben, sind damit Herr ihrer eigenen Träume - sie können selbst bestimmen, welche Bilder im Kopf entstehen. Ganz oben auf der Hitliste stehen bei ihnen durch die Lüfte fliegen und Sex, wie der Mannheimer Traumforscher Michael Schredl (Foto: dpa) erzählt. "Nur etwa ein Viertel aller Erwachsenen hat jedoch mindestens ein Mal im Leben einen luziden Traum. Nur wenige wissen daher, welche spannenden Erlebnisse im Schlaf möglich sind."

Zur Klarstellung: Luzide Träume passieren im Schlaf - es handelt sich keineswegs um Tagträume oder um Vorstellungen beim Eindösen. "Ein echter Nachweis ist nur im Schlaflabor möglich", berichtet der 45 Jahre alte Psychologe, der am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) forscht. So können luzide Träumer Dinge tun, die sie sich am Abend zuvor vorgenommen haben - zum Beispiel ihre Augen im Traum mehrere Male hin- und herbewegen, damit die Schlafforscher den Klartraum bemerken. "Während des Träumens haben luzide Träumer eine gute Erinnerung an ihre Wacherlebnisse", erklärt Schredl. In den Klarträumen fühlen sich die Welt und der eigene Körper ähnlich an wie im Wachzustand: "Im Traum ist die Welt real."

Manche Klarträumer versuchten erst gar nicht, die Handlung ihres "Traumdrehbuchs" zu beeinflussen, sagt Schredl. "Sie lassen den Traum laufen und können ihn mit dem Wissen, dass sie träumen, bewusster und intensiver erleben." Auch bei Alpträumen könne dieses Wissen helfen: "Weil im Klartraum nichts passieren kann, werden manche Kinder mutiger und sagen sich: Jetzt hau' ich das Monster, statt vor ihm wegzurennen." Aktive Strategien zur Angstbewältigung - sich etwa tagsüber mit der Traumsituation auseinanderzusetzen - seien jedoch häufig wirksamer, um schlimme Träume zu bekämpfen, betont Schredl.

Auch bei Psychotherapien können luzide Träume gezielt eingesetzt werden - etwa um Konflikte zu lösen. Und Sportler können im Traum Bewegungsabläufe trainieren. Neben dem wissenschaftlichen Aspekt spiele aber auch der "Spaßfaktor" eine große Rolle, berichtet der Forscher: "Wer positive Träume hat, hat auch eine bessere Tagesstimmung." Im Buddhismus - dort werden Klarträume schon lange als Form der Meditation praktiziert - dienen sie der spirituellen Entwicklung.

Ob jeder Klarträume haben kann, ist bisher nicht bekannt. Mit viel Geduld und Training kann man es aber probieren. Es gibt verschiedene Techniken: So kann man vor dem Einschlafen den Satz "Heute Nacht werde ich einen luziden Traum haben" wiederholen oder sich mehrmals am Tag die Frage stellen "Träume ich oder bin ich wach?". Sinn sei es, das Hinterfragen des eigenen Bewusstseinszustands auch im Traum zu ermöglichen.

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