Untreue-Vorwurf bei VW Früherer saarländischer Stahl-Manager Blessing muss vor Gericht

Braunschweig/Saarbrücken · Die Justiz lässt das Verfahren wegen Untreue gegen VW-Führungskräfte zu. Beschuldigt ist auch der frühere Chef der Dillinger Hütte und von Saarstahl.

 Karlheinz Blessing, ehemaliger VW-Personalvorstand, war bis 2016 Vorstandschef der beiden Saarhütten.

Karlheinz Blessing, ehemaliger VW-Personalvorstand, war bis 2016 Vorstandschef der beiden Saarhütten.

Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Das Landgericht Braunschweig hat eine Anklage gegen drei ehemalige und einen aktuellen VW-Manager wegen mutmaßlich überhöhter Bezahlung von Betriebsräten zugelassen. Das Hauptverfahren wegen des Verdachts der Untreue beziehungsweise der Untreue in besonders schwerem Fall sei eröffnet worden, teilte das Gericht am Dienstag mit. Unter den Angeklagten ist auch der ehemalige Konzernpersonalvorstand Karlheinz Blessing, der bis zu seinem Wechsel zu Volkswagen im Jahr 2016 vier Jahre Vorstandschef der Dillinger Hütte und von Saarstahl war.

Den Angeklagten wird vorgeworfen, überhöhte Gehälter und Boni an fünf Mitglieder des Betriebsrats genehmigt zu haben. Dadurch seien dem Konzern zwischen Mai 2011 und Mai 2016 mehr als fünf Millionen Euro Schaden entstanden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Demnach soll sich allein die „ungerechtfertigte Vergütung“ an Betriebsratschef Bernd Osterloh auf 3,125 Millionen Euro belaufen haben. Blessings Anwalt Hanns Feigen kündigte an, auf Freispruch zu plädieren. „Die Anklagevorwürfe sind in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht unbegründet“, sagte Feigen. Der Wolfsburger Konzern, für den Blessing nach seinem Weggang aus dem Saarland zwei Jahre lang tätig war, betonte am Dienstag: „Die Volkswagen AG hält an ihrer Rechtsauffassung fest, dass im Zusammenhang mit der Festlegung der Vergütung einzelner Betriebsratsmitglieder kein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten festgestellt werden kann.“

Übertarifliche Bezüge von hohen Betriebsratsmitgliedern sind in vielen Firmen nicht präzise festgelegt. Grundsätzliche Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes zur Vergütung gelten auch deshalb als reformbedürftig . Nach Interpretation der Justiz wurde im Fall VW indes gegen das Betriebsverfassungsgesetz verstoßen – man habe „bewusst eine unzutreffende Vergleichsgruppe zugrundegelegt“. Offenbar sei nur die Zugehörigkeit zum Betriebsrat maßgeblich gewesen, vermuten die Ermittler. Darüber hinaus sehen sie einen Konflikt mit dem Aktiengesetz und dem „Deutschen Corporate Governance Kodex“.

Blessing, früherer Gewerkschafter und SPD-Bundesgeschäftsführer, wechselte 1994 in die Wirtschaft und machte Karriere in der saarländischen Stahlindustrie. Zunächst als Arbeitsdirektor, dann als Vorstandsvorsitzender.

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