Die Angst vor der High-Tech

Nürnberg · Die mit Smartphones und Tablets aufwachsenden Kinder sehnen sich nach High-Tech-Spielzeug. Doch die Sorge vor einem Hackerangriff auf das Kinderzimmer hemmt die Entwicklung mehr als in anderen Branchen.

 Elektronisches Spielzeug nimmt auch auf der diesjährigen Spielwarenmesse viel Raum ein. Foto: dpa

Elektronisches Spielzeug nimmt auch auf der diesjährigen Spielwarenmesse viel Raum ein. Foto: dpa

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Die Warnung kam pünktlich zum Weihnachtsgeschäft. Verbraucherschützer warnten Eltern vor Hacker-Angriffen auf vernetzte Puppen . Einige Modelle seien anfällig für technisch einfache Hacks, durch die sich Fremde plötzlich mit den Kindern unterhalten könnten, erklärte die europäische Organisation Beuc.

Die Warnung zeigt: Die Branche ist zwischen Vergangenheit und Zukunft hin- und hergerissen. Schon kleine Kinder verbringen viel Zeit mit Apps auf dem Smartphone oder Tablet und entsprechend groß ist das Interesse an High-Tech-Spielzeug. Und technisch ist es längst möglich, dass sich die Puppe richtig mit den Kindern unterhält. Das wird auch auf der Nürnberger Spielwarenmesse deutlich.

Doch das Kinderzimmer ist auch ein emotionsgeladenes Terrain, weil es um die Überwachungsängste der Eltern geht. Und die Branche machte bei ihren ersten Schritten in die Ära vernetzter Spielsachen bisher keine gute Figur. Durch Hacks bei einem Anbieter von Lernspielzeug wurden mehreren Millionen Datensätze entwendet. Als 2015 eine mit dem Internet vernetzte Barbie-Puppe auf den Markt kam, entdeckten Experten schnell Schwachstellen. Denn damit sich die Puppe mit den Kindern unterhalten kann, wird das, was sie sagt, zur Spracherkennung an Server der Firma im Netz geschickt. Doch einerseits gab es Sicherheitslücken bei der Sprachverschlüsselung, andererseits verband sich die App beim ersten Einrichten der Puppen-Software mit jedem ungesicherten Wifi-Netzwerk, das das Wort "Barbie" im Namen hatte.

Die Sicherheitslücken waren umso dramatischer, da Barbie-Hersteller Mattel und der Software-Entwickler Toytalk schon Monate zuvor unter Druck standen, die höchstmögliche Datensicherheit zu garantieren. Denn in den USA hatte sich Widerstand besorgter Eltern formiert, die unter anderem in Online-Petitionen forderten, das Spielzeug zu stoppen, weil die Privatsphäre nicht ausreichend geschützt gewesen sei.

Zwar hat Toytalk technisch nachgerüstet, doch Verbraucherschützer führen weiterhin ethische Bedenken ins Feld, wenn Eltern nun Gespräche ihrer Kinder mit der Puppe auf Facebook teilen können. Das widerspräche dem Recht auf Privatsphäre, so die Einwände.

Trotz der Kritik werden technische Spielzeuge auch auf der diesjährigen Spielwarenmesse weiter eine zentrale Rolle spielen. Elekronische Spielzeuge wie Roboter, E-Haustiere oder Drohnen sollen eine eigene Ausstellungsfläche bekommen, teilte die Messe mit.

Neben dem technischen Spielzeug sind es wie in den vergangenen Jahren vor allem Lizenzprodukte von Star Wars bis Harry Potter , die die Regale füllen. Aber auch alte Trends holen die Hersteller aus der Schublade: Mit Produkten zum Sammeln und Tauschen gewinnen auch Klassiker wieder an Bedeutung, betonte der Vorstandschef der Messe, Ernst Kick, gestern.

Die Spielwaren-Schau, die am 1. Februar in Nürnberg beginnt, erreicht nach Angaben des Veranstalters einen Aussteller-Rekord: 2871 Unternehmen werden sich präsentieren, im vergangenen Jahr waren es 20 weniger. Dieses Jahr werden nach Angaben der Messe 75 000 Neuheiten vorgestellt.

Meinung:

Eltern sind in der Pflicht

Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläger

Als George Orwells Roman 1984 herauskam, schien die Dauer-Überwachung noch eine Utopie zu sein. Heute dagegen holen sich die Nutzer die Überwachungsgeräte freiwillig ins Haus. Ob Handys, Laptops oder jetzt sogar die mit dem Internet verbundenen Amazon-Lautsprecher. Die Möglichkeiten, sich in unser Privatleben einzuklinken, sind unendlich.

Der Gedanke, dass auch Puppen von Hackern gekapert werden können, ist allerdings weit beängstigender. Man stelle sich vor, ein Pädophiler kommuniziert - quasi in der Rolle der Puppe - mit Kleinkindern. Und bekommt so einen vertrauten Zugang zu den Kindern. Die Konsequenzen möchte man sich gar nicht vorstellen. Insofern sind auch die Eltern in der Pflicht. Wer sich darauf verlässt, dass schon nichts passiert, darf sich hinterher nicht beschweren. Erfolgreiche Hacker-Angriffe gibt es genug. Im Kinderzimmer sollte es dafür keine Chance geben.

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