Deutsche Bank beschwört Trendwende

Frankfurt · Rekordverlust, keine Dividende, die Aktie im Keller und noch immer ein gewaltiger Berg teurer Altlasten – die Deutsche Bank steckt in der Krise. Doch Vorstand und Aufsichtsrat beschwören die Trendwende.

 Für Co-Vorstand Jürgen Fitschen war die gestrige Hauptversammlung eine Abschiedsvorstellung. Foto: Dedert/dpa

Für Co-Vorstand Jürgen Fitschen war die gestrige Hauptversammlung eine Abschiedsvorstellung. Foto: Dedert/dpa

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"Ich bin nicht bekannt dafür, zu Euphorie zu neigen. Aber ich sage heute aus voller Überzeugung: Wir sind besser als unser Ruf. Viel besser sogar!", sagt Konzernchef John Cryan, seit knapp einem Jahr der neue starke Mann bei Deutschlands größtem Geldhaus, bei der Hauptversammlung in Frankfurt . Künftig ist Cryan Allein-Vorstand der Bank. Sein Co-Vorstand Jürgen Fitschen scheidet wie angekündigt aus dem Amt. Für ihn war die gestrige Hauptversammlung eine Abschiedsvorstellung - wenn er die Bank auch weiterhin im Geschäft mit Unternehmen in Deutschland und Asien unterstützen wird. "Sie sind lange der Stempel für Anstand gewesen in dieser Bank", lobt Aktionärsvertreter Hans-Martin Buhlmann. "Lassen Sie diesen Stempel bitte auf Ihrem Schreibtisch und den Anstand im Unternehmen."

Nun muss Cryan die Bank alleine zurück "auf die Wachstumsstraße" bringen, wie er betont. In seiner Rede beschwört der Vorstandschef Aufbruchstimmung. Er fühle sich "etwas falsch verstanden", wenn er "ausschließlich als der "Aufräumer" oder der "Sanierer" bezeichnet werde, sagt der Brite.

Doch viele Aktionäre sind frustriert. "Nach einer Dekade des Missmanagements ist die Deutsche Bank heute ein Sanierungsfall", sagt Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment. Durchhalteparolen und Zweckoptimismus kommen bei den Anteilseignern schon lange nicht mehr an. "In absehbarer Zeit wird die Deutsche Bank ein Restrukturierungsfall bleiben", urteilt Hans-Christoph Hirt, Co-Chef der Aktionärsvertretung Hermes.

Vor allem Aufsichtsratchef Paul Achleitner ist angezählt. Er war im Juni 2012 zusammen mit der Doppelspitze Anshu Jain/Jürgen Fitschen angetreten. Kritiker werfen dem früheren Allianz-Vorstand und Goldman-Sachs-Banker vor, mitverantwortlich für schleppende Aufarbeitung alter Skandale zu sein und zu lange am langjährigen Chef-Investmentbanker Jain festgehalten zu haben. Auch dass die Strafe im Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze wegen mangelnder Kooperation der Bank höher ausfiel, schiebt mancher dem Chefkontrolleur in die Schuhe.

In der Frankfurter Festhalle schlägt der Chefkontrolleur der einst stolzen Deutschen Bank vor 5400 Aktionären leise Töne an: "Mir ist bewusst, dass Ihre Geduld in den vergangenen Jahren stark strapaziert worden ist", sagt Achleitner und bittet die Aktionäre : "Dennoch oder gerade deswegen bitte ich Sie: Geben Sie diesem Vorstand und Aufsichtsrat, geben Sie dieser neuen Bankführung ihre Rückendeckung."

Die Retourkutsche folgt umgehend: "Sie sollen hier nicht rumjammern, sondern das Unternehmen nach vorne bringen", schimpft der als streitlustig geltende Aktionär Karl-Walter Freitag. Bislang überzeugte Cryan die Investoren nicht. Seit seinem Amtsantritt am 1. Juli 2015 hat sich der Börsenwert der Deutschen Bank halbiert.

Mit einem harten Sparkurs und der Konzentration auf profitable Geschäftsbereiche versucht Cryan, die Bank wieder fit zu machen. Das führende Geldhaus für Unternehmen in Europa und die beste Auslandsbank in den USA und Asien - so sieht Cryans Vison für die Deutsche Bank aus. Doch immer noch bremsen teure Altlasten und Skandale. Fitschen beschwört den "Kulturwandel", um den er sich in seinen knapp vier Jahren an der Unternehmensspitze bemühte: "Jeder, der für uns arbeitet, muss ein sicheres Gefühl entwickeln, welche Geschäfte wir machen und welche Geschäfte und Kunden wir besser meiden."

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