Trubel am Südpol

Forbach · Viel Applaus gab es am Mittwoch beim Festival Perspectives im Le Carreau in Forbach: „Fugue“ mit der Truppe La vie brève bot turbulentes Musiktheater, deren Ziel aber nicht immer klar war.

 Einer der Forscher im Bühnenschnee. Foto: Jean-Louis Fernandez

Einer der Forscher im Bühnenschnee. Foto: Jean-Louis Fernandez

Foto: Jean-Louis Fernandez

Sechs Wissenschaftler sitzen am Südpol, um unter 4000 Meter Eis einen unberührten See zu erforschen. Schon das Bühnenbild der Compagnie La vie brève verrät, dass die Arbeit ihrer Internationalen Forschungsstation mit Pleiten, Pech und Komik gesegnet sein wird. Statt Hightech stehen eine zusammengezimmerte Hütte auf weißem Kiesbett und eine Badewanne wie vom Schrotthändler; der spanische Billig-Generator startet auch unter lautem Fluchen nur unwillig. Statt effizient zu forschen scheint in dieser fünfköpfigen Gruppe unter weiblicher Leitung von Emilia jeder zu machen, was er will.

Über eineinhalb Stunden bietet uns "Fugue" (Fuge, Flucht), inszeniert von Samuel Achache, der auch mitspielt - es ist ein herrliches Gewusel. Man ergeht sich in menschlichen Problem, Lagerkoller, kleinen Beziehungsdramen und grundsätzlichem Raisonnement über das Sinn seines Tuns. Zerstört man nicht sein Forschungsobjekt, wenn man den See anbohrt? Muss, wer hier am Ende der Welt landet, nicht vorher anderswo gescheitert und vor etwas geflohen sein?

Zwischendurch greifen die Akteure immer wieder zu Klarinette, Trompete, Cello, Klavier und Schlagzeug und singen Bach, Purcell, Couperin oder Lalande. In diesen Momenten, Marthaler lässt grüßen, finden die Fünf zu fast himmlischem Gleichklang. Auch für den Zuhörer schafft der süß-melancholische Gesang hervorragender Stimmen einen wohltuenden Kontrapunkt der Ruhe in all dem Trubel. Denn oft fragt man sich in diesem Stück, das insgesamt dem Kompositionsprinzip der Fuge folgt: Wo will es hin? 20 lange Minuten sucht es denn auch mit teils ausgewalzten Monologen nach einem Ende. Haften bleiben so vor allem die musikalischen Erlebnisse und die teils virtuose Situationskomik. Deren Höhepunkt: ein schamhafter Mann, der sich eine Badehose aus Klebeband anlegt und olympiatauglische Bahnenschwimmen mit Wende in der winzigen Badewanne hinlegt.

Festivaltermine unter www.festival-perspectives.de

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