Bierkonsum Der Bierdurst der Deutschen lässt nach

Wiesbaden/Saarbrücken · Der Absatz der Brauereien ist im ersten Halbjahr um 2,1 Prozent zurückgegangen. Das Weizenbier nähert sich der Sättigungsgrenze. Auch im Saarland wird weniger Gerstensaft getrunken. Allerdings sind die Spezialsorten auf dem Vormarsch.

 Na, dann prost. Bei diesem Anblick mag man an einen sinkenden Bierabsatz kaum glauben.

Na, dann prost. Bei diesem Anblick mag man an einen sinkenden Bierabsatz kaum glauben.

Foto: picture-alliance/ dpa/Stephan Jansen

Nach einigen stabilen Jahren müssen die deutschen Brauer 2017 eine Durststrecke bewältigen. Im ersten Halbjahr ging der Bierabsatz der Brauereien um 2,1 Prozent auf 46,8 Millionen Hektoliter zurück, wie das Statistische Bundesamt  in Wiesbaden berichtete.

Dieser Trend lässt sich auch im Saarland beobachten. „Bei uns ist der Absatz im ersten Halbjahr minimal um ein Prozent zurückgegangen“, sagt Andreas Bosch, Geschäftsführer des Getränkevertriebs-Unternehmen Gross & Klein Getränke  in Neunkirchen. Auf dem Biermarkt sei „eine gewisse Ernüchterung engetreten“. „Allerdings müssen wir dieses Ergebnis vor dem Hintergrund sehen, dass das erste Halbjahr 2016 eines der besten der vergangenen Jahre war.“ Seitdem das Wetter besser wurde, „ist auch der Bierdurst erneut gestiegen“, erläutert Bosch. Die schlechten Monate Januar und Februar habe dies allerdings nicht wettmachen können. Dennoch spürt Bosch, dass bundesweit der Druck auf die Brauer groß ist. Er verweist auf die kürzlich von der Brauerei Krombacher verkündete Nachricht, das der Bierbrauer aus dem Siegerland die angekündigte Preiserhöhung für Flaschenbier auf unbestimmte Zeit verschoben hat. Darüber hinaus beobachtet der Chef des nach eigenen Angaben größten unabhängigen Getränkefachgroßhändlers an der Saar (100 Mitarbeiter, 100 Millionen Euro Umsatz) einen anderen Trend: Der Siegeszug des Weizenbiers über den bayerischen Weißwurst-Äquator nach Norden scheint gestoppt. „Beim Weizenbier kommen wir an eine Sättigungsgrenze“, sagt Bosch.

Auch bei den saarländischen Brauern scheint der Absatz der Standard-Biere im ersten Halbjahr nicht berauschend gewesen zu sein. „Allerdings holen wir auf“, sagt Alexander Kleber, Chef der Grosswald-Brauerei in Heusweiler. „Wir sind allerdings stark bei den Spezialbieren – und die gehen super.“ So braut Grosswald ein Kellerbier, das in Literflaschen abgefüllt wird – ein Gebinde, das in der bergmännischen Tradition des Landes seinen Ursprung hat. Für den Winter plant Grosswald ein Craft Bock, ein würzig schmeckendes Craft-Bier, das ebenfalls in Literflaschen, aber auch in Fässern abgefüllt werden soll. Beide Sorten seien nicht im Handel zu bekommen. „Sie können nur in der Brauerei gekauft werden“, so Kleber.

Die Homburger Karlsberg-Brauerei will ihre Halbjahres-Zahlen erst Ende August veröffentlichen – seitdem sie eine Mittelstands-Anleihe an der Börse platziert hat, unterliegt das Unternehmen strengen Publizitäts-Regeln. Dennoch verrät eine Sprecherin, dass die neuen Getränke-Kreationen der Saarpfälzer „gut ankommen“. Dies gelte vor allem „für unser goldenes Lagerbier Helles“, das seit März verkauft wird. Kürzlich sei es sogar vom renommierten International Taste & Quality Institute aus Brüssel mit einem Preis ausgezeichnet worden.

Im bundesweiten Biermarkt ist hingegen zu beobachten, dass auch der Export von deutschem Bier im Gegensatz zu früheren Jahren schwächelt. In der  EU ging der Absatz um 5,3 Prozent zurück, nach Übersee um 7,3 Prozent. Unter anderem in China war deutsches Bier deutlich weniger gefragt als noch vor Jahresfrist. Der Deutsche Brauerbund macht dafür auch gestiegene Transportkosten wegen begrenzter Container-Kapazitäten verantwortlich. In Deutschland geht der Bierdurst ohnehin seit Jahren zurück. Die im Inland abgesetzte Menge nahm im ersten Halbjahr auch wegen des wechselhaften Wetters und fehlender Fußball-Großereignisse um 1,2 Prozent ab. Die Produktion für den heimischen Markt macht trotz jüngster Exporterfolge noch gut vier Fünftel des Gesamtabsatzes aus.

Die Brauereien reagieren darauf mit immer neuen alkoholfreien Sorten. In diesem Jahr sei das Angebot noch einmal um 50 auf mehr als 400 verschiedene Marken angewachsen, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauerbundes, Holger Eichele. Auch wenn wegen der fehlenden Steuerpflicht noch keine exakten Zahlen vorliegen, rechne er erneut mit einem Mengenanstieg. Im Rekordjahr 2016 hatten die Unternehmen 6,4 Millionen Hektoliter alkoholfreies Bier verkauft. Doch es gibt auch Gewinner. Die Privatbrauereien Krombacher und Veltins sind auf Wachstumskurs. Im ersten Halbjahr 2017 baute Krombacher die führende Position als meistgetrunkene Biermarke in Deutschland aus, so das Fachmagazins „Inside“.

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