„Bezahlbares Wohnen rückt in weite Ferne“

Saarbrücken/Berlin · Die strengeren Vorschriften zur energetischen Sanierung beschleunigten die Landflucht, sagt Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund. Ältere Leute könnten sich die Ausgaben dafür nicht mehr leisten, die Kinder seien nicht interessiert.

Die Vorgaben zur Energie-Einsparung haben das Bauen in den vergangenen sechs Jahren um rund 16 Prozent verteuert. Diese Rechnung machte der Präsident des Eigentümerverbands Haus & Grund, Kai H. Warnecke, anlässlich seines Antrittsbesuchs beim Landesverband Saar im Gespräch mit unserer Zeitung auf. "Mit immer strenger werdenden energetischen Vorschriften beim Bau oder der Sanierungen von Wohnungen und Häusern rückt das Ziel der Bundesregierung, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, in weite Ferne." Er kritisiert außerdem, dass bei den gesetzlichen Vorschriften "immer nur das Dämmen der Wände im Vordergrund steht". Denn das einzige Ziel sei, möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Dadurch würden jedoch diejenigen bestraft, die heute schon mit erneuerbaren Energien wie beispielsweise Holzpellets heizen oder ihr warmes Wasser über Solarkollektoren beziehen. Warnecke regt an, die CO{-2}-Bilanz zum Maßstab für die Energie-Effizienz zu nehmen.

Die strengeren Vorschriften zur energetischen Sanierung beschleunigten auch die Landflucht, so der Verbandspräsident. Viele ältere Menschen könnten sich so hohe Ausgaben nicht mehr leisten "und erhalten häufig auch keinen Kredit mehr von ihrer Bank". Da deren Kinder diese Häuser oft nicht mehr bewohnen wollen, "müssen sie abgerissen werden". Dadurch werde auch die Infrastruktur wie zum Beispiel der Erhalt der Straßen oder des Wasserleitungsnetzes in den Dörfern "immer teurer".

In diesem Zusammenhang kritisierte er auch die zunehmende Verpflichtung, beim Einbau neuer Stromzähler auf "Smart Meter" zu setzen. Mit ihnen könne zwar der Stromverbrauch besser gesteuert werden, indem beispielsweise die Wasch- oder Spülmaschine nachts automatisch eingeschaltet wird, wenn der Strom preiswert ist. "Doch die Grundgebühr ist bei diesen Zählern so hoch, dass die Einsparung mehr als aufgefressen wird."

Kritik übte er in Saarbrücken außerdem an der stark steigenden Grunderwerbsteuer , die im Saarland bei einem Kaufpreis von 300 000 Euro bereits 19 500 Euro beträgt (6,5 Prozent). Damit habe sich das Land in die Spitzengruppe der Bundesländer mit den höchsten Sätzen eingereiht. Zudem sei das eine Steuer, die inzwischen fast nur noch die Privatleute zahlen. Die großen Wohnungsgesellschaften würden die Steuer umgehen, indem sie beim Kauf anderer Immobilienunternehmen nicht deren Häuser und Grundstücke erwerben, sondern nur die Gesellschaftsanteile kaufen - zum Beispiel die einer GmbH. Dadurch entfalle die Grunderwerbsteuer . Warnecke schlägt vor, diese Gesetzeslücke zu schließen und den Grunderwerbsteuer-Satz um zwei Drittel zu senken. "Die Einnahmen wären die gleichen", ist er überzeugt.

Meinung:

Innehalten ist angesagt

Von SZ-Redakteur Lothar Warscheid

Die Forderung nach preiswertem Wohnraum für sozial schwache Familien ist ein beliebtes Politiker-Thema. Die Realität sieht jedoch anders aus. Durch ständig neue Bauvorschriften schrauben Bund, Länder und Kommunen die Baukosten immer höher. Die Auflagen hinsichtlich Energieeffizienz, Barrierefreiheit, Standsicherheit, Brand- und Schallschutz, Schnee-, Sturm- und Erdbebensicherheit werden immer anspruchsvoller. Hinzu kommen Engpässe bei der Ausweisung von Bauland. Bei den Vorschriften sollte man mal innehalten und sich fragen, ob das alles sein muss. Aufwand und Ertrag stehen in keinem Verhältnis mehr zueinander.

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