"Wir sind auch der Anwalt der kleinen Leute"

Sie haben bei der SPD gesehen, wie schnell eine Volkspartei schrumpfen kann. Macht Ihnen das Sorgen?Gröhe: Ich sehe das in der Tat mit Besorgnis. Es ist meine Überzeugung, dass es gut für unsere Demokratie ist, wenn mehrere Parteien den Anspruch haben, Volkspartei zu sein und Politik für alle Menschen in unserem Land zu machen. Auch insofern ist der Niedergang der SPD ein Problem

Sie haben bei der SPD gesehen, wie schnell eine Volkspartei schrumpfen kann. Macht Ihnen das Sorgen?

Gröhe: Ich sehe das in der Tat mit Besorgnis. Es ist meine Überzeugung, dass es gut für unsere Demokratie ist, wenn mehrere Parteien den Anspruch haben, Volkspartei zu sein und Politik für alle Menschen in unserem Land zu machen. Auch insofern ist der Niedergang der SPD ein Problem.

Beispiel Familienpolitik. Für Ihre modernen Wähler wollen Sie die Angebote zur Kinderbetreuung ausbauen, und für Ihre Stammwähler künftig jene Mütter, die ihr Kind zu Hause lassen, mit einem Betreuungsgeld belohnen. Das beißt sich doch.

Gröhe: Nein! Denn unser Leitbild ist die Wahlfreiheit. Wir vertrauen Frauen und Männern, dass sie selbst am besten wissen, welche Arbeitsteilung für ihre Situation und für das Wohl ihrer Kinder die richtige ist. Deswegen gehören der Ausbau der Betreuungsangebote, mehr Kindergeld, die Verteidigung des Ehegattensplittings und das Betreuungsgeld zusammen. Dabei müssen wir sicherstellen, dass falsche Anreize vermieden werden.

Wie gefährlich ist die von der FDP geforderte Kopfpauschale in der Gesundheitsversicherung für den Ruf der CDU als Volkspartei?

Gröhe: Die große Volkspartei CDU ist immer auch Anwalt der "kleinen Leute". Angesichts einer erfreulicherweise weiter steigenden Lebenserwartung und des medizinischen Fortschritts ist es allerdings richtig, die Gesundheitskosten stärker von den Arbeitskosten zu trennen. Dies ist mit uns aber nur zu machen, wenn ein funktionierender Sozialausgleich mit Steuermitteln sicherstellt, dass niemand zum Bittsteller wird und dass moderne medizinische Hilfe allen unabhängig vom Geldbeutel zur Verfügung steht. Ein solches System zu entwickeln, ist das gemeinsame Ziel der Koalition, wird aber noch intensive Arbeit erfordern.

Betonen Sie die soziale Komponente Ihrer Politik, weil Ihnen ein mögliches Linksbündnis im Nacken sitzt und Sie treibt?

Gröhe: Eine menschliche Gesellschaft und ein moderner Sozialstaat waren die Anliegen der CDU schon lange bevor die Linke mit ihren Neid- und Klassenkampfsprüchen loslegte. Unsere Sozialsysteme sind ja ganz wesentlich von der CDU entwickelt. Aber natürlich nehmen wir die rasante Annäherung von SPD, Linken und Teilen der Grünen wahr. Ich fand es im Übrigen schäbig, wie mancher in der SPD die schwere Erkrankung von Lafontaine zum Anlass genommen hat, darin vor allem eine Erleichterung für eine künftige Zusammenarbeit zu sehen. Das zeigt, dass viele in der SPD bislang Rot-Rot vor allem auf Grund persönlicher Verletzungen und gekränkter Eitelkeit ausgeschlossen haben. Steinmeiers Werben um Herrn Bartsch von der Linken, fast jeden Tag neue Papiere, nun bald eine gemeinsame "Denkfabrik" rot-roter Träumereien - das alles zeigt den neuen Linkskurs der SPD. Und natürlich würde man in NRW ein Linksbündnis schließen, wenn es möglich wäre.

Mit Folgen für die Politik Ihrer Koalition?

Gröhe: Wir halten Kurs: für wirtschaftliche Vernunft und soziale Verantwortung. Linken Neidparolen begegnet man am besten, in dem man die Sorgen der Menschen ernst nimmt. Das tun wir. Und: Wer den Linksruck der SPD nicht mitmachen will, ist bei uns gut aufgehoben.

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