Weiblich, jung, europakritisch

London · Der britische Premierminister David Cameron bildet sein Kabinett um und will 2015 mit einem neuen Team einen erneuten Wahlsieg landen. Sogar Außenminister William Hague ist weg.

David Cameron kehrt die Stuben in Westminster aus. Oder genauer: Der britische Premier setzt die Axt bei "weißen Männern mittleren Alters" an, wie der konservative "Daily Telegraph" kommentiert. Ganz gleich: Cameron hat die umfassendste Kabinettsumbildung seiner Amtszeit beschlossen - und im Königreich wird in einigen Medien schon von einem "Blutbad" gesprochen.

Cameron will zur Parlamentswahl 2015 mit einem neuen Team antreten, zwölf Männer müssen ihre bisherigen Positionen freigeben. Sogar eines der Schwergewichte im Kabinett , Außenminister William Hague , ist überraschend zurückgetreten und soll vom bisherigen Verteidigungsminister Philip Hammond, abgelöst werden. "Er ist nicht nur ein erstklassiger Außenminister gewesen, sondern auch ein enger Vertrauter, ein kluger Berater und ein großartiger Freund", sagte Cameron über Hague, der vier Jahre lang Außenminister war und einst als große Hoffnung der Konservativen gefeiert wurde.

Dass ihm der streng konservative und europaskeptische Politiker Hammond auf den Posten des Chefdiplomaten folgen wird, darf getrost als Zeichen an Brüssel verstanden werden. Hammond hat bereits vor einiger Zeit angekündigt, bei dem von Cameron für 2017 geplanten Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU gegen die Mitgliedschaft zu stimmen, wenn nicht Zuständigkeiten auf die nationale Ebene zurückgeholt würden.

Weiblicher, jünger, konservativer und vor allem europaskeptischer soll die Politik in seinem Kabinett werden - dieses Signal sendet Cameron aus. Er reagiert damit einerseits auf die Politverdrossenheit der Bevölkerung, die durch Skandale immer schwerer wiegt. Außerdem will er die übergelaufenen Wähler der rechtspopulistischen Unabhängigkeitspartei Ukip zurück zu den Tories holen. Die EU-Hasser unter Nigel Farage hatten bei der Europawahl im Mai sowie bei den Kommunalwahlen deutlich zugelegt. Zudem hat der Premier eine herbe Niederlage bei der Nominierung Jean-Claude Junckers zum EU-Kommissionspräsidenten hinnehmen müssen. Mit seiner Brachialdiplomatie in Brüssel wollte er innenpolitisch an Boden gewinnen. Immerhin setzt sich die konservative Regierungspartei aus vielen Europakritikern zusammen. Dieser Flügel fordert unaufhörlich, mehr Kompetenzen zurück in die nationalen Parlamente zu verlagern.

Nun also zeigt Cameron jene Führungsstärke, die in den vergangenen Monaten von Seiten der Medien und Politiker von ihm erwünscht wurde. Und deshalb wurde nicht nur Hague ausgetauscht, auch Bildungsminister Michael Gove muss gehen. Der für seinen national orientierten neuen Lehrplan in die Schlagzeilen geratene Gove ist ein enger politischer Freund Camerons, trotzdem wird er geopfert. Gove hatte sich immer wieder mit den Lehrern auf der Insel angelegt. Auf ihn folgt Nicky Morgan, die bisherige Juniorministerin im Finanzministerium. Auch Westminster-Urgestein Ken Clarke (74) hat seinen Rückzug bekanntgegeben.

Um auf die Kritik zu reagieren, dem Kabinett fehlten Frauen, übergibt David Cameron zudem Liz Truss das Umweltressort, das zuvor von Owen Cameron geleitet wurde. Dieser verlässt das Kabinett .

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