Zittern der RAF-Mörder und der Ermittler Auf Suche nach dem Mörder: Buback sieht sich am Ende seiner Kraft

Karlsruhe. Irgendwo in Deutschland müsste das Zittern eingesetzt haben. Der Mörder von Generalbundesanwalt Siegfried Buback ist auch 32 Jahre nach den tödlichen Schüssen von Karlsruhe nicht enttarnt - doch nun wächst die Hoffnung, dem Täter noch auf die Spur zu kommen, obwohl nach drei Jahrzehnten keine handfesten Beweise bekannt sind

Karlsruhe. Irgendwo in Deutschland müsste das Zittern eingesetzt haben. Der Mörder von Generalbundesanwalt Siegfried Buback ist auch 32 Jahre nach den tödlichen Schüssen von Karlsruhe nicht enttarnt - doch nun wächst die Hoffnung, dem Täter noch auf die Spur zu kommen, obwohl nach drei Jahrzehnten keine handfesten Beweise bekannt sind. Und auch die damaligen Ermittler könnten nervös geworden sein. Denn nicht alles soll damals bei der Fahndung nach den RAF-Terroristen mit rechten Dingen gelaufen sein, behauptet zumindest ein ehemaliger Experte des Verfassungsschutzes.

Es habe "massenhaft Unzulänglichkeiten" gegeben, verrät der frühere Verfassungsschutz-Beamte Winfried Ridder in einer ARD-Dokumentation über den Mord an Buback im April 1977 (geplante Sendung: Mittwochabend). Außerdem sei die Ende vergangener Woche verhaftete ehemalige Terroristin Verena Becker (Foto: dpa) für ihre Insider-Tipps an die Staatsfahnder mit einem großzügigen Startkapital ausgestattet worden. Laut Bildzeitung soll Becker über 100 000 Mark (51 130 Euro) erhalten haben. Steuergelder für Terroristen? "Es gehört zu den Grundsätzen nachrichtendienstlicher Arbeit, dass die Zusammenarbeit mit einem Nachrichtendienst auch honoriert wird", verteidigt der als RAF-Experte bekannte Ridder die Überweisungen.

Fülle von Spuren

Von der tragenden Rolle Beckers beim Attentat auf Buback und seine beiden Begleiter ist der RAF-Experte überzeugt: "Daran kann es gar keine Zweifel geben", meint Ridder im Gespräch mit SWR-Autor Egmont R. Koch. Es gebe eine Fülle von Spuren, von Zeugenaussagen und Ergebnissen der Kriminaltechniker, die diesen Verdacht begründeten. Die vor allem für Angehörige wie Buback-Sohn Michael drängende Frage, wer auf dem Motorrad der Terroristen saß und feuerte, beantwortet Ridder allerdings nicht. Er lässt durchblicken, dass nach dem Blutbad bei den Fahndern nicht alles nach Vorschrift gelaufen ist: Es habe Versäumnisse gegeben, erinnert sich Ridder, ohne konkreter zu werden.

Zierliche Person

Zum Beispiel wollen gleich mehrere Augenzeugen eine "zierliche" Person auf dem Motorrad der Mörder gesehen haben. Ein großer Teil ihrer Aussagen findet sich nach Medienangaben allerdings falsch oder erheblich verändert in den Protokollen der Ermittler wieder.

SWR-Autor Koch, der die Zeugen aufsuchte und befragte, hält deren Erinnerungen allerdings für zweifelhaft. Mal widersprächen sich die damalige und heutigen Aussagen, meint er. Dann wieder sollen die Attentäter das Dienstauto Bubacks mehrfach schießend umrundet haben - was nach Auswertung der Einschüsse nicht stimmen kann. Das wäre bitter für Michael Buback, denn seine Theorie einer weiblichen Schützin steht und fällt mit der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen. Haltbare Beweise gibt es ansonsten keine. Während Buback von manipulierten Ermittlungsakten spricht, geht Koch mit dem Sohn des Attentatsopfers kritisch ins Gericht: "Er hat sich in einer Verschwörungstheorie verrannt und ist beratungsresistent."

Für den Filmemacher ist klar, wer damals kaltblütig abdrückte und seither eisern schweigt: Koch hält den früheren RAF-Terroristen Stefan Wisniewski für den Todesschützen. Dies hatte auch Becker schon bei einem der konspirativen Treffen mit den Staatsschützern ausgesagt. "Ich habe bei meiner Arbeit an dem Film keinen Anlass gefunden, an der Aussage von Frau Becker zu zweifeln", sagt Koch. Außerdem sei der bisher verdächtigte Knut Folkerts Linkshänder, die Schüsse wurden aber von der rechten Seite des Autos abgegeben. Antworten auf ihre Fragen erhoffen sich Michael Buback und andere vor allem durch einen Blick in die derzeit noch gesperrten Akten des Verfassungsschutzes. Ob das Bundesinnenministerium einer Herausgabe zustimmen wird, ist ungewiss.

Bubacks Mörder dürfte ebenso gespannt auf die Entscheidung warten wie einige der früheren Ermittler, die nun nach drei Jahrzehnten noch einmal unverhofft in die Kritik geraten sind.Hamburg. Der Sohn des 1977 von der RAF ermordeten Generalbundesanwaltes Buback (Foto: dpa), Michael Buback, ist nach zweieinhalb Jahren Suche nach den Mördern seines Vaters am Ende seiner Kraft. "Meine Frau und ich sind innerlich an einer Grenze angekommen", sagte er der am Donnerstag erscheinenden Wochenzeitung "Die Zeit". Buback fügte hinzu: "Wir haben nicht die Kraft, noch viel länger weiterzumachen. Wenn jetzt wieder nichts passiert, hören wir auf."

Bereits vor fast zwei Jahren hatte Michael Buback die am vergangenen Donnerstag verhaftete Verena Becker als mögliche Täterin genannt.

"Zweieinhalb Jahre haben wir jede freie Minute auf die Sache verwendet, die Ferien, die Wochenenden", sagte Buback der Zeitung. Dreitausend oder viertausend E-Mails habe er geschrieben, alte Zeitungsausschnitte durchgearbeitet, mit Zeugen gesprochen, Akten eingesehen. Je länger er bohrte, desto mehr Ungereimtheiten seien ihm aufgefallen.

Im neuen Schlusskapitel seines Buches "Der zweite Tod meines Vaters", das dieser Tage als Taschenbuch erscheint, schreibt Buback: "Für Elisabeth und mich ist es gleichsam zur Gewissheit geworden, dass die Täter auf dem Motorrad für ihr schweres Verbrechen nicht bestraft wurden und dass es eine schützende Hand zumindest über einer RAF-Terroristin gab."

Unterdessen hat die Bundesanwaltschaft gestern beim Bundesinnenministerium erneut die Freigabe der bislang gesperrten Verfassungsschutz-Akten zum Buback-Attentat beantragt. Es gebe aufgrund der Durchsuchung von Beckers Wohnung eine "neue Erkenntnislage". ddp

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