Zeit für eine Therapie Röttgens Rauswurf spaltet die Union

Berlin. Auf ihren Machtinstinkt kann sich Angela Merkel in der Regel verlassen. Spätestens bei dem in dieser Dimension nicht erwarteten Wahlfiasko in Nordrhein-Westfalen dürften die Sensoren der Kanzlerin auf Alarmmodus geschaltet haben. Es geht ums Ganze für Merkel - es geht um ihre Macht. Schon eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl legt sie jetzt die Grundlagen für den Wahlkampf

Berlin. Auf ihren Machtinstinkt kann sich Angela Merkel in der Regel verlassen. Spätestens bei dem in dieser Dimension nicht erwarteten Wahlfiasko in Nordrhein-Westfalen dürften die Sensoren der Kanzlerin auf Alarmmodus geschaltet haben. Es geht ums Ganze für Merkel - es geht um ihre Macht. Schon eineinhalb Jahre vor der Bundestagswahl legt sie jetzt die Grundlagen für den Wahlkampf. Personell und inhaltlich. "Schluss mit 'Mutti'" - Kommentare wie im Massenblatt "Bild" zum Rauswurf des NRW-Wahlverlierers Norbert Röttgen aus dem Kabinett dürften Merkel nicht ungelegen kommen. Knallhart kalkuliert habe sie ihre kühl zelebrierte Minister-Entlassung vor laufenden Kameras, sind sie in der Union überzeugt. So habe sie Führungsstärke zeigen wollen. Vorbei die Zeit des Zauderns und Zögerns, in CDU und CSU haben sich viele schon längst mehr klare Kante von Merkel gewünscht.Röttgens Rauswurf, den Merkel am Mittwoch bekannt gegeben hatte, stößt dementsprechend zwar weiter auf interne Kritik, aber auch auf Zustimmung. Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sagte im Deutschlandradio Kultur: "Jeder muss wissen, dass die Kanzlerin ganz klar führt und dass sie auch zu scharfen Schritten bereit ist, wenn sie der Meinung ist, es funktioniert nicht." Merkel habe das Recht, Minister zu entlassen, wenn sie nicht mehr von einer gedeihlichen Zusammenarbeit ausgehen könne. "Das hat sie getan, und das ist auch in Ordnung."

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte in der ARD: "Wir tragen diese Entscheidung zu 100 Prozent mit." Der Chef der baden- württembergischen CDU-Fraktion, Peter Hauk, nannte die Entlassung in den "Stuttgarter Nachrichten" nachvollziehbar. Auch Landesparteichef Thomas Strobl bezweifelte dort, dass "Röttgen noch die Autorität gehabt hätte, die Energiewende kraftvoll umzusetzen".

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach forderte hingegen eine Debatte über die Gründe der NRW-Wahlniederlage, wegen der Röttgen bereits als Landesvorsitzender zurückgetreten war. Dessen Fehler seien "nicht alleine ausschlagend gewesen", sagte Bosbach der "Süddeutschen Zeitung". Deshalb müsse endlich "nüchtern und gründlich" über alle Ursachen für das Desaster gesprochen werden. Der Wirtschaftspolitiker Josef Schlarmann (CDU) sagte "Spiegel Online": "Die Niederlage in NRW sollte der gesamten Union zu denken geben."

Die jüngsten Umfragen dürften bei Merkel und in der Union nicht gerade zur Beruhigung beitragen. Bundesweit legt die SPD nach der NRW-Wahl zu, mit 33 Prozent liegt die CDU nur noch knappe drei Punkte vorn. dpa

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