Wenn der Fahrkarten-Automat zum Problem wird

Mathe zu können, fehlerfrei zu schreiben, das ist wichtig. Doch wer im Alltagsleben erfolgreich sein will, der muss nach Ansicht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mehr leisten. Die Forscher nennen das „kreatives Problemlösen“. Im Rahmen der Pisa-Studie 2012 wurden weltweit 85 000 Schüler im Alter von 15 Jahren diesbezüglich getestet, in Deutschland waren es 1350. Gestern stellte die OECD in Berlin die Ergebnisse vor. SZ-Korrespondent Hagen Strauß hat Fragen und Antworten zusammengestellt.

Wie haben die deutschen Schüler abgeschnitten?

Mäßig. Deutsche Schüler sind zwar etwas besser als der OECD-Durchschnitt, schneiden aber schlechter ab, als dies angesichts ihrer guten Ergebnisse in Mathe, Lesen und Naturwissenschaften erwartet worden war. Fast 20 Prozent der deutschen Jugendlichen erreichte nicht einmal das Basisniveau (Level zwei von sechs), in etwa gleich viele Jungen wie Mädchen. Sie schafften es gerade, das preisgünstigste Möbelstück aus einem Katalog auszuwählen, was zu den Aufgaben gehörte. In Japan und Korea erlangten weniger als sieben Prozent nur das Basisniveau.

Gibt es Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen?

Ja. Rund 13 Prozent der deutschen 15-Jährigen erzielten einen Spitzenwert - in Japan und Korea waren es allerdings deutlich mehr als 20 Prozent, in Finnland, Australien und Kanada über 15 Prozent. Dabei fällt auf, dass auch in Deutschland Jungen (60 Prozent) besser abschneiden als Mädchen (40 Prozent). Die Forscher vermuten, dass die Problemlösekompetenz stärker mit dem Mathe- und weniger mit dem Leseverständnis zusammenhängt. Und Jungen schneiden in Mathe meist besser ab, Mädchen beim Lesen.

Welche Aufgaben mussten die beteiligten Schüler lösen?

Wer beim kreativen Problemlösen gut abschneiden will, der muss laut OECD "Neuem gegenüber offen sein, Zweifel und Ungewissheit zulassen und es wagen, intuitiv vorzugehen". Unter Beweis stellen konnten die Schüler dies beispielsweise beim Kauf verschiedener Fahrkarten an einem virtuellen Automaten, beim Einstellen einer Klimaanlage mit drei unbeschrifteten Reglern, beim Bedienen eines fremden Handys oder der Suche nach der günstigsten Verbindung auf einem Stadtplan.

Aus welchen Ländern kommen besonders leistungsstarke Schüler?

Früher hieß es, in den asiatischen Ländern werde nur stupide gepaukt. Offenbar ist dem aber nicht mehr so: Laut OECD verfügen vor allem die Schüler in Asien über ein hohes Maß an schlussfolgerndem Denken und selbstständigem Lernen. Die Spitzenreiter unter den 44 getesteten Staaten sind daher Singapur, Korea und Japan. Im Durchschnitt konnten dort 56 Prozent der Schüler ein unbekanntes, elek tronisches Gerät wieder funktionsfähig machen. In den anderen Ländern waren es nur 31 Prozent. Beste Europäer sind die Finnen. Die deutschen Schüler landeten je nach Aufgabe auf den Plätzen zwölf bis 21, unmittelbar vor den USA, Belgien und Österreich.

Wie können bessere Ergebnisse erzielt werden?

Laut OECD spielen "Lehrpläne und Lehrkräfte" bei der Vermittlung der Problemlöse-Kompetenz eine "entscheidende Rolle". So habe sich gezeigt, dass in erfolgreichen Ländern die Schüler besonders gut auf die "komplexen Probleme des realen Lebens" vorbereitet würden. Die Forscher raten dazu, im Unterricht häufiger Lösungsstrategien zu besprechen.

Welche saarländischen Schulen waren an dem Pisa-Test beteiligt?

Aus dem Saarland nahmen das Ludwigsgymnasium Saarbrücken, die Marie-Curie-Gemeinschaftsschule in Bous und das Berufsbildungszentrum Sulzbach teil. Dazu wie die saarländischen Schulen und ihre Schüler abgeschnitten haben, gibt es von Seiten der OECD jedoch keine Informationen. "Die Tests sind anonymisiert", sagt OECD-Pressesprecherin Sabine Vollmer. Aufgrund der internationalen Anlage der Studie ist auch kein Bundesländervergleich möglich.

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