Schulterschluss - Protest gegen Krieg und Atomkraft

Berlin. Vielleicht lag es einfach am fantastischen Osterwetter. Sonnenschein und Temperaturen bis 25 Grad lockten sicher manchen an den Badesee - statt auf die Straße, um dort für Frieden und Abrüstung zu demonstrieren. Jedenfalls liefen die Ostermärsche 2011 mancherorts nur schleppend an

Berlin. Vielleicht lag es einfach am fantastischen Osterwetter. Sonnenschein und Temperaturen bis 25 Grad lockten sicher manchen an den Badesee - statt auf die Straße, um dort für Frieden und Abrüstung zu demonstrieren. Jedenfalls liefen die Ostermärsche 2011 mancherorts nur schleppend an. In Frankfurt an der Oder zogen am Sonntag 60 Menschen durch die Stadt, in Köln demonstrierten gut 100 Motorradfahrer. Am meisten los war in Berlin, wo die Veranstalter am Karfreitag 4000 Teilnehmer zählten, die Polizei allerdings nur 1500.Doch dann kam der Ostermontag und mit ihm an zahlreichen deutschen Atomstandorten der Protest von Tausenden Kernkraftgegnern anlässlich des Jahrestages der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 25 Jahren. Am Ende sollen laut Veranstaltern bundesweit rund 100 000 Menschen demonstriert haben. Der Kampf gegen die zivile Nutzung der Atomenergie hat zwar an sich nichts mit dem Protest gegen Atom- und konventionelle Waffen zu tun. Beides verknüpfte sich in diesem Jahr aber untrennbar miteinander. Friedensbewegung und Anti-Atom-Bewegung gingen einen Schulterschluss ein.

In Berlin etwa forderten Demonstranten auf Plakaten gleichermaßen "Die Sonne soll strahlen, nicht wir" und "Zivilisten vor der Nato schützen". Ersteres galt dem Risiko eines Unfalls auch in einem deutschen Atommeiler nach den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima. Letzteres richtete sich gegen den Nato-Einsatz in Libyen. "Tschernobyl - Fukushima - Fessenheim?" war auf einem Spruchband zu lesen, als am Montagmittag Atomkraftgegner über die Rheinbrücke zwischen Breisach in Baden-Württemberg und Neuf Brisach im Elsaß zogen, um gegen den Meiler im elsässischen Fessenheim zu protestieren. Allein hier zählte die Polizei rund 3500 Teilnehmer.

Rekordverdächtigen Zulauf hatte nach Angaben der Veranstalter die Protest-Aktion im nordrhein-westfälischen Gronau. Dort sollen 10 000 Menschen gegen Atomkraft demonstriert haben. Sie forderten unter anderem die Stilllegung der dortigen Urananreicherungsanlage. Allein aus NRW kamen mehr als 50 Sonderbusse. Die Polizei zählte nur 5000 Teilnehmer.

Die Beteiligung an Ostermärschen ist seit Jahren rückläufig. Ihre Zeit sei vorbei, diagnostizierte der Politikwissenschaftler Florian Hartleb von der Uni Chemnitz vor zwei Jahren einmal. "Das apokalyptische Szenario fehlt", lautete seine Begründung. "Die Proteste haben die beste Zeit hinter sich." Die Organisatoren sehen das naturgemäß anders und überraschen in jedem Jahr mit kaum überprüfbaren Teilnehmerzahlen. Auch diesmal fiel die Bilanz positiv aus. "Verglichen mit dem vergangenen Jahr verbuchten die meisten Ostermärsche eine Zunahme an Demonstranten, nur in wenigen Städten stagnierte die Zahl, nirgends gab es einen Rückgang", teilte der Bundesausschuss Friedensratschlag schon gestern Morgen mit - also bevor es an den Atomstandorten überhaupt losging. dpa

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