Nato greift Gaddafis Residenz an

Tripolis/Madrid. Rauch steigt noch aus dem Trümmerberg auf. Scheinwerfer beleuchten die gespenstische Szene. Rußgeschwärzte Fensterhöhlen, der Rest einer prunkvollen Fassade, Betonbrocken, verbogene Stahlträger. Zwei Nato-Raketen schlugen in der Nacht zum Ostermontag in das Büro- und Konferenzgebäude des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi (Foto: dpa) ein

Tripolis/Madrid. Rauch steigt noch aus dem Trümmerberg auf. Scheinwerfer beleuchten die gespenstische Szene. Rußgeschwärzte Fensterhöhlen, der Rest einer prunkvollen Fassade, Betonbrocken, verbogene Stahlträger. Zwei Nato-Raketen schlugen in der Nacht zum Ostermontag in das Büro- und Konferenzgebäude des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi (Foto: dpa) ein. Es war der zweite Luftangriff binnen weniger Tage auf Gaddafis Macht- und Kommandozentrale in der Hauptstadt Tripolis. Ganz offenbar hat die alliierte Koalition beschlossen, den Druck auf Gaddafi, der seit fast zehn Wochen einen brutalen Krieg gegen sein Volk führt, spürbar zu erhöhen. Vergangene Woche hatte die Nato, die den internationalen Luftkrieg gegen Gaddafi dirigiert, bereits einen Bunker auf dem weitläufigen Residenzgelände attackiert. Die Festung Bab al-Azizia ist ein riesiges Militärgelände im Süden von Tripolis, in dem Gaddafi, seine Familie und hohe Getreue wohnen."Das war ein Versuch, Oberst Gaddafi zu ermorden", sagt ein Regimesprecher. Stunden nach dem letzten Angriff auf die Gaddafi-Zentrale werden vom libyschen Propaganda-Ministerium noch in der Dunkelheit ausländische Journalisten zur Bombenruine gekarrt. Sie dürfen die Trümmer jenes Gebäudes besichtigen und filmen, in dem Gaddafi noch vor zwei Wochen eine Friedensdelegation der Afrikanischen Union empfangen hatte. Und auf denen ein paar unentwegte Gaddafi-Anhänger nun fernsehwirksam Fahnen schwenken.

Unbeantwortet bleibt zudem die Frage, ob sich Gaddafi zum Zeitpunkt der Luftangriffe auf dem Gelände aufhielt. Der Diktator ist seit gut zehn Tagen von der Bildfläche verschwunden. Die in der internationalen Koalition wortführenden Staaten USA, Großbritannien und Frankreich hatten keinen Zweifel daran gelassen, dass sie ihre "Operationen aufrechterhalten" werden, bis Libyens Gewaltherrscher abgetreten sei. "Oberst Gaddafi muss gehen", hatte es in einer gemeinsamen Erklärung geheißen.

Auch die Luftangriffe der Nato gegen die Gaddafi-Truppen in der Umgebung der belagerten Stadt Misurata gingen über Ostern weiter. Erstmals setzte die Nato die von den USA bereitgestellten ferngesteuerten Kampfdrohnen vom Typ "Predator" (Raubvogel) ein. Sie sind unbemannt, mit Kameras ausgestattet und können aus niedriger Höhe sehr präzise angreifen. Diese Nahkampf-Flugzeuge sollen eingesetzt werden, um in besiedelten Gebieten versteckte Panzer und Raketenstellungen auszuschalten.

Kuwait, das zur internationalen Anti-Gaddafi-Koalition gehört, sagte der libyschen Opposition großzügige finanzielle Unterstützung zu. Das Land will dem Nationalen Übergangsrat, der oppositionellen Gegenregierung, mehr als 120 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Der Übergangsrat hatte erklärt, dass er dringend Geld brauche, um die Verwaltungskosten im von der Opposition kontrollierten östlichen Libyen zu bezahlen, um die Bevölkerung zu versorgen - aber auch um moderne Waffen zu kaufen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort