Revolution, Reformen - Lehren aus 1989

Berlin. Kommt der Umsturz in Ägypten, wird die Revolution vollendet? Keiner weiß, was passieren wird - doch Erinnerungen werden wach an die Regimewechsel in der DDR und Ostmitteleuropa 1989. Auch damals hatten die Menschen ihre Angst vor der Diktatur überwunden

Berlin. Kommt der Umsturz in Ägypten, wird die Revolution vollendet? Keiner weiß, was passieren wird - doch Erinnerungen werden wach an die Regimewechsel in der DDR und Ostmitteleuropa 1989. Auch damals hatten die Menschen ihre Angst vor der Diktatur überwunden. Über manche Bedingungen für einen erfolgreichen Wandel kann man sich im Rückblick vergewissern, auch wenn die Verhältnisse etwa hinsichtlich der Armut in Ägypten unterschiedlich sind.

Revolutionen laufen in Phasen von Mobilisierung ab. In der DDR war es der 15. Januar 1989, als es zur ersten nicht genehmigten Demonstration seit Jahren kam. Auf dem Marktplatz von Leipzig gingen etwa 500 Bürger für Meinungs- und Versammlungsfreiheit auf die Straße. Es gab zunächst vor allem das Dach der Kirchen, unter dem sich die Opposition erst zaghaft, aber unbeirrt versammelte. Mund-zu-Mund-Propaganda und Flugblätter waren Beschleuniger und Schmierstoff des Aufstands.

Den Schritt zum Massenprotest hatte Ägypten schon in den Tagen vor den gewaltigen Demonstrationen dieser Tage hinter sich. Kleinere Gegenbewegungen von unten gab es bereits länger. Zudem bekam die Umsturzbewegung in Ägypten durch Tunesiens "Jasminrevolution" entscheidende Impulse.

Ähnlich war das in der DDR. Der ostdeutsche Protest wurde im Oktober 1989 zur Massenbewegung - nachdem in Polen und Ungarn die alten Herrscher ihren Platz schon Stück für Stück geräumt hatten. Die Polen hatten die Solidarnosc, die Erfahrung landesweiter Streiks und schließlich den Runden Tisch ab Februar 1989. Vergleichsweise geräuschlos kam der Wandel in Ungarn, wo Reformen von oben mit Verhandlungen zwischen Herrschenden und Opposition einhergingen. Reformansätze, die es in Ägypten seit 2004 gibt, galten vielen Beobachtern bislang vor allem als Versuch reiner Herrschaftssicherung - kann etwas anderes aus den jetzigen Reformversprechen des Präsidenten Husni Mubarak erwachsen?

Die Gründe für die Erfolge in Ostmitteleuropa sind laut dem Berliner Forscher Kai-Olaf Lang vielfältig. So uferte der Protest nicht aus, es gab keine Gruppen mit ganz anderen Zielen als eine demokratisch verfasste Republik wie vielleicht die ägyptischen Muslimbrüder, kein blutiges Chaos auf den Straßen wie in den vergangenen Tagen in Kairo, Suez oder Alexandria.

Fallen nach den kommunistischen Diktaturen die arabischen Diktaturen? Klare Antworten gibt es nicht. Eine andere Frage ist, ob einer Befreiung vom alten Regime die Freiheit der Menschen in einer demokratischen Ordnung folgen würde. dpa

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