Sechs Monate Präsident Macron Reformen und rote Teppiche: Macrons Halbjahres-Bilanz

Paris · Von Laurence Benhamou und Stephanie Lob

(afp) Von den Protesten gegen seine Politik am gestrigen Donnerstag dürfte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wenig mitbekommen haben: Seine Tages-Agenda war wie immer prall gefüllt, unter anderem stand ein Treffen mit dem deutschen Siemens-Chef Joe Kaeser zur geplanten Eisenbahn-Fusion mit dem französischen Zughersteller Alstom an. Der Mann hat sich viel vorgenommen – und nach gut sechs Monaten im Amt fällt seine Bilanz durchwachsen aus.

Gute Reformen, schlechte Reformen: Kein Zweifel, die Bundesregierung und die EU-Kommission schätzen Macrons Reformeifer. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) etwa lobte die Europarede des Präsidenten vom September als „guten Impuls“ – auch wenn sein Vorschlag für einen Eurostaaten-Haushalt bei FDP und Teilen der Union Zähneknirschen auslöst.

Positiv gesehen wird in Berlin und Brüssel vor allem Macrons Aufruf gegen eine EU-Verdrossenheit durch den Brexit sowie seine Zusage, das französische Haushaltsdefizit erstmals seit zehn Jahren wieder unter die Drei-Prozent-Grenze zu drücken.

In Frankreich verursachen seine Reformen vor allem bei Gewerkschaften und linker Opposition Bauchschmerzen. Die umstrittene Arbeitsmarktnovelle, die den Kündigungsschutz und die 35-Stunden-Woche lockert, hat Macron mit Verordnungen durchgedrückt. Die weitgehende Abschaffung der Vermögenssteuer hat ihm den Ruf eingebracht, „Präsident der Reichen“ zu sein. Ein zweites Reformpaket ist für 2018 schon in der Pipeline: Eine Neuordnung von Arbeitslosenversicherung und Ausbildung.

Roter Teppich und fester Händedruck: Viel Zuspruch hat Macron sein souveränes Auftreten auf internationalem Parkett eingebracht. Der mit 39 Jahren jüngste französische Staatschef seit Napoleon Bonaparte vertraut auf die Politik des roten Teppichs und beeindruckte US-Präsident Donald Trump mit einem exklusiven Essen auf dem Eiffelturm und den russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einem Empfang auf Schloss Versailles.

Legendär sind sein ausgiebiger Händedruck mit Trump beim Nato-Gipfel im Mai und sein Spruch „Make the Planet Great Again“. Beim Bonner Klimagipfel am Mittwoch zeigte Macron sich gemeinsam mit Merkel, weitere deutsch-französische Auftritte sind geplant.

Zwischen „Sonnenkönig“ und „Jupiter“: In Macrons Partei La République en Marche, die am Samstag ihren ersten Kongress abhält, rumort es allerdings: Hundert ehemalige Mitstreiter haben ihren Austritt angekündigt, weil sie ihrem früheren Idol einen „Ancien Regime“-Stil vorwerfen. Bereits nach seiner Wahlsiegrede vor dem Pariser Louvre im Mai hetzte die Opposition, Macron habe „Allüren eines Sonnenkönigs“. Er selbst sprach ganz unbescheiden von einer „jupitergleichen Präsidentschaft“.

Macrons Kurs unterstützen laut Umfragen knapp 40 Prozent der Franzosen, rund 15 Prozent weniger als zu seinem Amtsantritt. Womöglich wären die Zahlen besser, wenn er seinem Motto „Ich tue und sage, was ich will“ nicht so treu wäre. Mit abfälligen Äußerungen über Reformgegner („Faulenzer“) und arbeitslose Demonstranten („richten Chaos an“) machte er sich nur wenige Freunde. Dennoch sind Macrons Zustimmungswerte zuletzt leicht gestiegen.

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