Milliarden-Spritze vom Staat soll britische Banken retten

London. Als immer mehr britische Banken im Strudel der weltweiten Wirtschaftskrise zu ertrinken drohten, warf die britische Regierung den Rettungsring. 500 Milliarden Pfund (640 Milliarden Euro) legt der Staat in die Waagschale, um einen Kollaps des Bankensystems zu verhindern und einen noch größeren Schaden von Wirtschaft und Steuerzahlern abzuwenden

London. Als immer mehr britische Banken im Strudel der weltweiten Wirtschaftskrise zu ertrinken drohten, warf die britische Regierung den Rettungsring. 500 Milliarden Pfund (640 Milliarden Euro) legt der Staat in die Waagschale, um einen Kollaps des Bankensystems zu verhindern und einen noch größeren Schaden von Wirtschaft und Steuerzahlern abzuwenden. Neben einer 200-Milliarden-Spritze der Zentralbank für kurzfristige Leihgeschäfte und einer staatlichen Garantie für langfristige Anleihen über 250 Milliarden Pfund bringt das Rettungspaket einen neuen Aktionär für die Banken ins Spiel, den die Kreditinstitute bislang so noch nicht hatten - den Staat selbst. Schnell machte das Wort von einer "Teilverstaatlichung" die Runde. "Wir verstaatlichen die Banken nicht und wir wollen auch keine öffentliche Kontrolle", betonte Finanzminister Alistair Darling (Foto: rtr). Tatsächlich müssen die Banken nur kleinere Zugeständnisse an den neuen Aktionär machen, etwa mittelständische Unternehmen nicht vom Kreditfluss abzuschneiden. Dafür stellt der Staat bis zu 50 Milliarden Pfund für den Erwerb von Vorzugsaktien bei den acht größten Kreditinstituten zur Verfügung. Statt Einfluss will die Regierung offensichtlich Vertrauen zurückkaufen - ein Gut, das in der Finanzkrise absolut aufgebraucht ist und Banken davon abhält, einander das dringend notwendige Geld zu leihen. Das fehlende Vertrauen hatte zu Wochenbeginn den Börsenwert einiger britischer Großbanken pulverisiert. Allein Berichte darüber, dass sich Bankenchefs mit dem Finanzminister getroffen hatten, um ein Rettungspaket zu erörtern, ließ Anleger in Scharen die Flucht ergreifen. Besonders gelitten hatten die Halifax Bank of Scotland (HBOS) und die Royal Bank of Scotland (RBS), deren Papiere allein am Dienstag um jeweils 42 und 39 Prozent in den Keller gerauscht waren - nachdem sie am Tag davor bereits drastische Kursverluste verzeichnen mussten. Das Rettungspaket und eine kurz darauf verkündete Leitzinssenkung der britischen Zentralbank um 0,5 Punkte auf 4,5 Prozent schienen die Nerven auf dem Börsenparkett zunächst beruhigt zu haben. Bei den Händlern auf dem Börsenparkett waren die Reaktion gespalten. "Zu wenig, zu spät", kritisierte Matt Buckland das Rettungspaket. Das Problem sei nicht nur fehlendes Vertrauen in die Märkte, sondern auch fehlendes Vertrauen in die Regierung. Dagegen meinte Aktienhändler Manjo Ladwa: "Für den Steuerzahler ist das Risiko nicht so hoch. Ich denke, das wird funktionieren." Analysten äußerten sich zunächst positiv und gingen davon aus, dass der Geldfluss zwischen den Banken wieder angekurbelt werden könnte. Premierminister Gordon Brown und Finanzminister Darling betonten, dass die Regierung auch die Einlagen der Sparer schützen werde. Gebetsmühlenartig wiederholen sie, dass sie in jedem Einzelfall alles Notwendige unternehmen würden. Allerdings wollte ihnen das Wort "Garantie" nicht über die Lippen kommen - offensichtlich aus Sorge davor, dass Milliarden von Ersparnissen den geschützten Banken übertragen werden könnten, aber andere Geldhäuser deswegen ausbluten. Regierungschef Brown verteidigte den Einsatz der Steuermilliarden. "Das sind keine Zeiten für konventionelles Denken." Und er zeigte sich zuversichtlich, dass der Staat das Geld wieder zurückerhält, wenn es den Banken besser geht.

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