Merkel will Atom-Ausstieg "mit Augenmaß"

Berlin. Die Bundesregierung bleibt trotz der vorübergehenden Abschaltung alter Kernkraftwerke auf Atomkurs. Die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag stimmte gestern gegen ein rasches Ende der Kernenergie, wie ihn Opposition und Umweltschützer fordern

Berlin. Die Bundesregierung bleibt trotz der vorübergehenden Abschaltung alter Kernkraftwerke auf Atomkurs. Die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag stimmte gestern gegen ein rasches Ende der Kernenergie, wie ihn Opposition und Umweltschützer fordern. "Was wir brauchen, ist ein Ausstieg mit Augenmaß", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, Foto: dapd) in einer Regierungserklärung. Deutschland könne nicht sofort auf Kernkraft verzichten. Energie müsse bezahlbar bleiben, sagte Merkel. Obwohl Überprüfungen noch ausstehen, betonte die Kanzlerin, die deutschen Atommeiler gehörten "zu den weltweit sichersten". Sie ließ offen, ob die zunächst für drei Monate stillgelegten älteren Kraftwerke wieder ans Netz gehen werden. Ebenso wie Merkel setzt die FDP darauf, den Umstieg auf erneuerbare Energien zu beschleunigen.Die Opposition, die mit ihren Anträgen zur dauerhaften Stilllegung zunächst der älteren Meiler und zur Abkehr von der Laufzeitverlängerung scheiterte, griff Merkel scharf an. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, die Kanzlerin habe in einer "Kumpanei" mit den Atom-Konzernen die Laufzeitverlängerung für die Kraftwerke ausgehandelt: "Sie persönlich haben Sicherheit gegen Geld getauscht." Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warf Merkel vor, über Risiken "hinwegzureden". Die Linke forderte, das Verbot der Nutzung von Atomkraft im Grundgesetz zu verankern. Umweltverbände forderten einen Atom-Ausstieg bis 2015. Evangelische und katholische Bischöfe sprachen sich für ein rasches Umdenken aus. Die Risiken der Kernkraft seien nicht zu beherrschen, wie die Katastrophe in Japan gezeigt habe.

Fünf der sieben Atommeiler, die unter das Moratorium der Bundesregierung fallen, wurden inzwischen auf Anordnung der Länder abgeschaltet. Das Kraftwerk Unterweser wird seit gestern heruntergefahren, für Biblis A erwartet der Betreiber RWE heute die entsprechende Anordnung. Der Energie-Konzern EnBW prüft derzeit unterdessen, ob er juristisch gegen die Stilllegung seiner Meiler Neckarwestheim I und Philippsburg I vorgeht. Auch das Deutsche Atomforum schloss eine Klage gegen das Vorgehen der Bundesregierung nicht aus. Verbandschef Ralf Güldner forderte einen Runden Tisch von Atomwirtschaft und Politik. , A 4: Meinung dpa/dapd/afp

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