Lafontaine sieht Linke stabilisiert

Die Linke startet heute in Dresden ihren dreitägigen Wahlparteitag. Nach Ansicht ihres ehemaligen Chefs Oskar Lafontaine hat sich die Partei nach harten Grabenkämpfen stabilisiert. Seine Forderung nach der Wiedereinführung nationaler Währungen sei kein Widerspruch zur Parteilinie, meinte der 69-Jährige im Gespräch mit SZ-Korrespondent Stefan Vetter.

Herr Lafontaine, wegen einer peinlichen Panne muss die Wahl des Spitzenkandidaten der Saar-Linken für die Bundestagswahl wiederholt werden. Wäre das nicht eine Gelegenheit, noch mal selbst ins Rennen zu gehen?

Lafontaine: Ich habe mich entschieden, nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren.

Viele Linke befürchten, dass Ihr Rückzug den Erfolgsaussichten der Partei schadet.

Lafontaine: Ich werde mich am Wahlkampf beteiligen. Da gibt es auch schon rund ein Dutzend Terminzusagen im Westen und im Osten.

Vor einem Jahr schien die Linke fast auseinander zu brechen. Heute ist davon nichts mehr zu spüren. War das ein reinigendes Gewitter?

Lafontaine: Es gibt in jeder Partei Auseinandersetzungen über Programm und Personen. Für die Linke geht es jetzt darum, die Bundestagswahl erfolgreich zu bestehen. Ohne die Linke nimmt die soziale Kälte in Deutschland zu.

Es herrscht also nur Burgfrieden?

Lafontaine: Nein. Auf unserem Wahlparteitag in Dresden wird die Linke ein Programm verabschieden, hinter dem sich alle versammeln können. Die Linke hat sich stabilisiert. Das ist die gute Nachricht für alle, die in Deutschland gegen Leiharbeit, befristete Arbeitsverträge und niedrige Löhne kämpfen.

Inzwischen herrscht fast schon innerparteiliche Friedhofsruhe. Das kann Sie doch nicht freuen.

Lafontaine: Das ist ein falscher Eindruck. Ein großes Problem ist, dass unsere politischen Vorschläge in den Medien kaum Berücksichtigung finden. Zum Beispiel wissen nur die wenigsten Bürger, dass die Linke Facharbeiter und mittlere Angestellte steuerlich kräftig entlasten will. Auch für die Senkung der viel zu hohen Dispozinsen haben wir uns schon immer stark gemacht. Doch in den Medien heißt es nur, das sei ein Anliegen von SPD und Grünen, obwohl die schon mehrfach gegen die Zinsbegrenzung gestimmt haben.

Ob Hartz IV, Mindestlohn oder Rente - die Linke fordert immer mehr als andere Parteien. Das ist doch populistisch.

Lafontaine: Nein, das ist notwendig. Nehmen Sie nur die aktuellen Zahlen über die niedrigen Renten. Unsere Forderung nach einem Mindestlohn von zehn Euro ist da wirklich das Mindeste. Ansonsten droht die von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen programmierte millionenfache Altersarmut.

Welche Botschaft wünschen Sie sich von dem anstehenden Bundesparteitag?

Lafontaine: Dass die Wähler erkennen, dass die Linke die einzige Partei ist, die gegen Lohndumping, Rentenkürzungen und sinnlose Kriegseinsätze der Bundeswehr kämpft.

Beim Plädoyer für eine Wiedereinführung nationaler Währungen hat Ihnen Ihre Partei die kalte Schulter gezeigt. Ärgert Sie das?

Lafontaine: Im Kern schlage ich vor, die europaweite Kürzung von Löhnen und Renten durch eine Abwertung der Währung zu ersetzen. Wir brauchen ein besseres Währungssystem, in dem es auch nationale Währungen wieder geben kann, zum Beispiel in Zypern und Griechenland. Das ist auch kein Widerspruch zum Wahlprogramm unserer Partei. Denn dort steht, dass die Europäische Währungsunion falsch konstruiert ist. Wir brauchen auch ein neues Geldsystem. Die unbegrenzte Geldschöpfung der Zockerbuden ruiniert die Weltwirtschaft und enteignet die Sparer. Sie muss beendet werden.

Welches Wahlergebnis rechnen Sie sich für die Linke im Herbst aus?

Lafontaine: Ein zweistelliges Ergebnis wie bei der Wahl 2009 ist möglich. Dafür muss sich die Linke allerdings sehr anstrengen.

Und die Option ist wieder Opposition - oder doch Regierungsbeteiligung?

Lafontaine: SPD und Grüne wollen mit der Linken nicht zusammenarbeiten. Das beweist, dass ihre sozialen Versprechen nicht ernst gemeint sind, denn mit der CDU oder FDP lassen die sich niemals verwirklichen.

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