Die große Schreiber-Show endet mit einer langen Haftstrafe

Augsburg. Karlheinz Schreiber lässt die Mundwinkel nur einen Moment hängen und zeigt einen finsteren Blick. Doch schon bald, nachdem Richter Rudolf Weigell die Haftstrafe von acht Jahren wegen Steuerhinterziehung verkündet hat, zeigt der 76-Jährige wieder sein unerschütterliches Lächeln

 Ein letzter Handkuss in Richtung Ehefrau Bärbel - Karlheinz Schreiber gestern nach seiner Verurteilung. Foto: dpa

Ein letzter Handkuss in Richtung Ehefrau Bärbel - Karlheinz Schreiber gestern nach seiner Verurteilung. Foto: dpa

Augsburg. Karlheinz Schreiber lässt die Mundwinkel nur einen Moment hängen und zeigt einen finsteren Blick. Doch schon bald, nachdem Richter Rudolf Weigell die Haftstrafe von acht Jahren wegen Steuerhinterziehung verkündet hat, zeigt der 76-Jährige wieder sein unerschütterliches Lächeln. "Ihnen allen alles Gute und Ihren Familien auch", sagt Schreiber nach Ende der Urteilsverkündung in Richtung Zuhörerraum, wirft seiner Ehefrau Bärbel einen Handkuss zu und verabschiedet sich mit einem "Danke für Ihr Kommen" wieder in Richtung seiner Zelle. "Danke für Ihr Kommen" - hat die einstige Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre etwas falsch verstanden? Oder zeigt sich mit dem Abschiedsgruß auf entlarvende Weise, wie der einst bodenständige Bitumenhändler aus dem bayerischen Kaufering durch die Verlockungen des Geldes den Sinn für die Realitäten verlor?

Seine Verteidiger hatten bei den Plädoyers gewarnt, dass eine langjährige Strafe den Tod ihres Mandanten in der Zelle bedeuten könnte. Doch zumindest in der Öffentlichkeit zeigt sich der frühere Waffenlobbyist davon nicht beeindruckt, womöglich hofft er auf eine erfolgreiche Revision.

In seiner Urteilsbegründung lässt Richter Weigell deutlich erkennen, dass dem Gericht das Verhalten des Angeklagten während der fünf Monate dauernden Verhandlung ein Rätsel geblieben ist. Ohne Zweifel hätten Urkunden belegt, dass Schreiber der Steuerpflichtige für zwei Scheinfirmen war, über die er in den 80er und 90er Jahren insgesamt 64,75 Millionen Mark (33,1 Millionen Euro) an Provisionen für Panzergeschäfte mit Saudi-Arabien und Flugzeugverkäufe an Thailand und Kanada kassierte, um sie unversteuert für sich zu behalten oder als Schmiergeld an Manager, Politiker und Parteien weiter zu verteilen. Doch trotz der erdrückenden Beweislast habe sich Schreiber im Prozess in Nebensächlichkeiten verrannt und zu den wirklich entscheidenden Fragen geschwiegen.

"An Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten" sei dieses Schweigen oft gewesen, sagt Weigell. Auch die angeblichen Enthüllungen - Schreiber hatte etwa behauptet, an die CSU illegale Parteispenden gemacht zu haben - seien nichts als haltlose Unterstellungen. Die CSU hatte auf Schreibers Aussagen gelassen reagiert. Als sich bald darauf herausstellte, dass das Gericht den Vorwurf der Bestechung des früheren Rüstungsstaatssekretärs Ludwig-Holger Pfahls (CSU) als verjährt ansah, hatte das Verfahren seine politische Brisanz verloren.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der im Jahr 2000 wegen einer illegalen Schreiber-Parteispende als CDU-Chef zurücktreten musste, blieb ebenso wie anderen Politikern die Zeugenaussage vor dem Augsburger Landgericht erspart. Der Vorsitzende Richter verweist allerdings darauf, dass es "nicht den geringsten Zweifel" daran gebe, dass Schreiber Pfahls bestochen habe. Dem Angeklagten sei es nur um Geschäftemacherei gegangen. Wenn etwas nicht ganz rund gelaufen sei, habe er "jeden und alles" geschmiert. Sich selbst habe er in Bayern ein "Schlösschen" gebaut mit einer Einrichtung für sechs Millionen Mark. "Ohne Übertreibung darf man dieses Verhalten als raffgierig und maßlos bezeichnen", schreibt Weigell dem 76-Jährigen ins Stammbuch.

Bis heute hat Schreiber, der im vergangenen August nach jahrelangem juristischen Tauziehen aus Kanada ausgeliefert worden war, keinen Cent seiner Steuerschuld von 7,5 Millionen Euro beglichen. Ob noch irgendwo Geld greifbar ist, dürfte wohl Schreibers Frau Bärbel sagen können, die er einst als Kontobevollmächtigte eintragen ließ und die 1988 nachweislich 15 Millionen Mark von den Schreiber-Tarnkonten abräumte. Doch Bärbel Schreiber hielt es wie ihr Mann: Sie schwieg zu der entscheidenden Frage.

 Ein letzter Handkuss in Richtung Ehefrau Bärbel - Karlheinz Schreiber gestern nach seiner Verurteilung. Foto: dpa

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