Das Siegerlächeln und der Verliererblick

Nach den ersten Hochrechnungen war wirklich kaum noch jemand sicher vor Annegret Kramp-Karrenbauer. Als die Ministerpräsidentin gegen 18

 Daumen hoch: Annegret Kramp-Karrenbauer freut sich über ihren Sieg, während Verlierer Heiko Maas ins Leere blickt. Foto: Roessler/dpa

Daumen hoch: Annegret Kramp-Karrenbauer freut sich über ihren Sieg, während Verlierer Heiko Maas ins Leere blickt. Foto: Roessler/dpa

Nach den ersten Hochrechnungen war wirklich kaum noch jemand sicher vor Annegret Kramp-Karrenbauer. Als die Ministerpräsidentin gegen 18.20 Uhr an der Seite von Ehemann Helmut im Pressezentrum in Halle 1 auf dem Saarbrücker Messegelände eintraf und sich Dutzende Kameraleute, Fotografen und Parteifreunde in dem Gedränge auf sie stürzten, herzte die 49-Jährige mit breitem Grinsen im Gesicht viele, die sich ihr in den Weg stellten. Selbst die Maskenbildnerin im Wahlstudio des Saarländischen Rundfunks bekam die Erleichterung der Regierungschefin über den unerwartet deutlichen Sieg der CDU bei der Landtagswahl zu spüren. Als ein Reporter die alte und neue Ministerpräsidentin fragte, ob ihr jetzt ein Stein vom Herzen gefallen sei, sagte Kramp-Karrenbauer sichtlich gelöst: "Ein Felsbrocken."Sie war ein hohes Risiko eingegangen, als sie am 6. Januar die Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen beendete. In den unzähligen Fernseh-Interviews sagte sie auch gestern wieder, dass sie "alles auf eine Karte gesetzt" habe. Und dass sie der Wahlsieg, nach all den Wochen der Ungewissheit und der knappen Umfragen, "unglaublich glücklich" und "sehr, sehr froh" mache.

In einem völlig anderen Gefühlszustand befand sich gestern SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas. Stocksteif, die Lippen aufeinander gepresst, verließ er auf dem Messegelände seinen Dienstwagen, umringt von Journalisten. Zu großen Gefühlsausbrüchen neigt Maas ohnehin nicht, aber gestern war ihm die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. "Gut gekämpft", versuchte ihn FDP-Landeschef Oliver Luksic aufzumuntern. Dabei hätte der Liberale den Zuspruch angesichts des historisch schlechten Ergebnisses seiner Partei mindestens genauso nötig gehabt wie Maas. Der SPD-Chef versuchte vor den Kameras gar nicht erst, das Ergebnis der Sozialdemokraten schönzureden. "Das ist alles andere als erfreulich." Das Hauptziel, stärkste Partei zu werden, habe man nicht erreicht, "da kann man nicht drumherumreden". Dabei hatte sich Maas den Abend so vorgestellt wie den gestrigen Mittag in Saarlouis: Lächelnd überschritt er da auf dem Großen Markt nach fünf Kilometern - als Erster - die Ziellinie seines "Endspurt-Laufs". Stattdessen erlebte Maas einen bitteren Wahlabend, trotz deutlichen Zugewinnen seiner Partei. Zum dritten Mal nach 2004 und 2009 kam er bei einer Landtagswahl nur als Zweiter ins Ziel. Am Ende war es dann nicht einmal das Kopf-an-Kopf-Rennen, von dem seit Wochen alle sprachen. Ob er jetzt nicht zurücktreten wolle, fragten ihn die Journalisten vor dem Eingang. Und ob er nicht doch mit den Linken koalieren wolle, denn dann könne er ja doch noch Ministerpräsident werden. Maas blockte ab: "Lassen Sie mich erst mal hineingehen."

Oskar Lafontaine hatte, als er die Messehalle durch den Hintereingang betreten hatte, Maas via Fernsehen mit einem strahlendem Lächeln angeboten: "Die linken Parteien könnten regieren, wenn die SPD wollte." Doch Maas blieb dabei: "Ich stehe zu meinem Wort." Die SPD werde nach der Wahl nichts anderes sagen als vorher. Mit der Linken sei ein Bündnis aus inhaltlichen Gründen unmöglich. "Daran hat sich auch nach 18 Uhr nichts geändert."

Maas analysierte, die SPD stecke im Saarland in einem Dilemma: Die Aussicht auf eine große Koalition habe "vielen unserer Wähler nicht geschmeckt". Allerdings wolle ein Teil der eigenen Anhänger auch kein Bündnis mit den Linken. Bei der vergangenen Landtagswahl habe die SPD mit einem Offenhalten der Koalitionsfrage nur 24,5 Prozent geholt. "Ganz so falsch kann es also nicht gewesen sein."

Mit der großen Koalition wird es nun voraussichtlich recht zügig gehen. Schließlich waren sich CDU und SPD schon bei den Sondierungen im Januar bei den meisten Punkten schnell einig. Kramp-Karrenbauer und Maas begegneten sich gestern Abend kurz im ZDF-Wahlstudio. Dort gratulierte Maas seiner künftigen Koalitionspartnerin. Sie bot ihm an, "sehr schnell in konkrete Koalitionsgespräche" einzusteigen. Sie hob ihr "vernünftiges Verhältnis" zu Maas hervor.

Auch Maas zeigte sich bereit für Gespräche, ließ aber bereits die Muskeln spielen. Seine Verhandlungsposition ist durch das Wahlergebnis und seine Strategie, andere Koalitionsoptionen auszuschließen, zwar nicht gerade die beste. Dennoch kündigte er selbstbewusst an, die Themen, die den Sozialdemokraten wichtig sind, jetzt "mit noch größerem Nachdruck" einzufordern. Schließlich habe die SPD deutlich zugelegt.

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