Das große Zittern um Barack Obama alias "Renegade"
Washington. Es war der Moment, den die Leibwächter des Secret Service besonders fürchteten. Während der Fahrt zum Weißen Haus nach seiner Vereidigung ließ Barack Obama den gepanzerten Cadillac anhalten, legte einige hundert Meter mit Gattin Michelle zu Fuß zurück und winkte den Menschen ganz aus der Nähe zu. Zwar hatten alle Zuschauer der Parade zuvor Sicherheitsschleusen passieren müssen
Washington. Es war der Moment, den die Leibwächter des Secret Service besonders fürchteten. Während der Fahrt zum Weißen Haus nach seiner Vereidigung ließ Barack Obama den gepanzerten Cadillac anhalten, legte einige hundert Meter mit Gattin Michelle zu Fuß zurück und winkte den Menschen ganz aus der Nähe zu. Zwar hatten alle Zuschauer der Parade zuvor Sicherheitsschleusen passieren müssen. Doch entlang der Strecke gab es auch das, was John F. Kennedy am 22. November 1963 in Dallas zum Verhängnis geworden war: Hohe Bauten, die einen exzellenten Blick auf den Präsidenten erlaubten - und freies Schussfeld boten. Der Secret Service hatte deshalb zuvor bei vielen Räumen in mehrstöckigen Gebäuden die Türklinken entfernen lassen. Auch war intern genau festgelegt worden, welche Strecke "Renegade" - so der Codename Obamas bei seinen Leibwächtern - zu Fuß gehen würde. Diese Sicherheitsvorkehrungen waren die Reaktion auf Besorgnis erregende Beobachtungen. Am Donnerstag ließ die US-Bundespolizei FBI durchblicken, dass die Morddrohungen gegen den ersten farbigen Präsidenten zuletzt drastisch zugenommen haben, dass man ungewöhnliche Aktivitäten bei rassistisch motivierten, weißen Hassgruppen festgestellt habe und diese nun intensiv beobachtet. Diesen Drohungen misst man in Washington mittlerweile wesentlich mehr Aufmerksamkeit zu als der Möglichkeit eines Anschlags durch eine ausländische Terrorgruppe gegen den Präsidenten.Schutzwall aus PanzerglasBarack Obama trug auch, wie jetzt zu erfahren war, während der Parade-Fahrt und dem "Bad in der Menge" eine maßgeschneiderte, schusssichere Weste unter seiner Kleidung. Während der Vereidigung vor dem Kapitol war darauf noch verzichtet worden. Stattdessen war für ihn ein Schutzwall aus insgesamt fünf Tonnen Panzerglas-Scheiben auf der Tribüne errichtet worden. Diese Vorkehrungen stützen sich auch auf die bitteren Erfahrungen der Geschichte. Zwar gab es keinen Anschlag auf einen US-Präsidenten seit 1981 - das Jahr, in dem Ronald Reagan durch einen Lungenschuss schwer verletzt wurde. Doch vier US-Präsidenten wurden während ihrer Amtszeit ermordet - darunter auch das große Obama-Vorbild Abraham Lincoln. Am Freitag vor der Vereidigung hatte die Polizei im Bundesstaat Missisippi einen Mann festgenommen, der in einem Chatroom die Ermordung Obamas mit den Worten angekündigt hatte: "Ich habe nichts persönlich gegen ihn, aber es muss für das Wohl des Landes getan werden." Nur die wenigsten US-Bürger glauben, dass derartige Drohungen Einzelfälle sind. Deshalb erhielt Obama auch früher als jeder andere Präsidentschaftskandidat schon 18 Monate vor der Wahl den Schutz des Secret Service - wobei sich dann ständig 14 bis 16 Personenschützer in direkter Nähe des Kandidaten aufhielten. Diese Zahl hat sich seit dem Einzug Obamas ins Weiße Haus um ein Mehrfaches erhöht. "Ich habe den besten Schutz in der Welt," lautet die Standardantwort Obamas auf die Frage, ob er sich von jenen duchtrainierten Männern, mit denen er gelegentlich Basketball spielt, gut bewacht fühlt.