30 Jahre Festival der blauen Herzen

Kleine Quizfrage: Wo und wann hat das erste Max-Ophüls-Festival stattgefunden? Nein, es war nicht in Saarbrücken, sondern in Nantes. Und zwar 1966. Bereits ein Jahr später gibt es dort einen Eklat um den Siegerfilm - und das Festival ist am Ende. Pech für Nantes, Glück für Saarbrücken: Was in Frankreich nicht klappt, entwickelt sich später im Saarland zu einer Erfolgsgeschichte

Kleine Quizfrage: Wo und wann hat das erste Max-Ophüls-Festival stattgefunden? Nein, es war nicht in Saarbrücken, sondern in Nantes. Und zwar 1966. Bereits ein Jahr später gibt es dort einen Eklat um den Siegerfilm - und das Festival ist am Ende. Pech für Nantes, Glück für Saarbrücken: Was in Frankreich nicht klappt, entwickelt sich später im Saarland zu einer Erfolgsgeschichte. Und die hält bis heute an: Am Montag, 26. Januar, wird der 30. Max-Ophüls-Preis eröffnet. Das Festival für den deutschsprachigen Nachwuchsfilm gehört zu den ältesten und erfolgreichsten Filmschauen in Deutschland. Lockt inzwischen pro Jahr weit über 30 000 Besucher an, ist national und international anerkannt. Ein Sympathieträger, ein Flaggschiff der saarländischen Kulturszene und ein Imagefaktor für das kleine Bundesland. Stars wie Senta Berger, Annie Girardot oder Michael Ballhaus kommen nach Saarbrücken.Wie alles anfing: 1979 widmet Saarbrücken seinem Sohn Max Ophüls eine Filmschau. Ophüls-Sohn Marcel ist auch dabei, und es wird die Idee geboren, in Saarbrücken ein Festival zu Ehren des Regisseurs ins Leben zu rufen. Oberbürgermeister Oskar Lafontaine, Kulturdezernent Ernst Küntzer, SZ-Redakteur Michael Beckert und Albrecht Stuby, Leiter des Saarbrücker Stadt-Kinos, sind die Gründerväter. Der Ophüls-Preis startet im Sommer 1980. Mit elf deutschen Filmen, unter anderem von Herbert Achternbusch, Werner Schroeter und Heidi Genée, zu denen 708 Zuschauer kommen. Erster Ophüls-Gewinner ist Niklaus Schilling mit seinem Film "Der Willi-Busch-Report".

Anfangs ist der Ophüls-Preis nur ein kleines Pflänzchen in der noch dünn bewachsenen Festivallandschaft. Aber ein seltenes, denn es verschreibt sich ganz dem Nachwuchs und besetzt damit eine Lücke. Rasch wird es größer, die Zahl der Filme steigt von elf über 18 auf 32 Filme an, die Besucherzahlen explodieren: von 708 im ersten Jahr auf 6889 im Jahr 1984. Das Festival, seit 1981 immer im Januar, wird von drei auf fünf Tage ausgeweitet, später auf eine ganze Woche. Zum guten alten Camera-Kino auf der Berliner Promenade kommen andere Spielstätten dazu, das Theater im Stiefel, dann das Gloria, später das Passage- und das UT-Kino.

Bereits 1982 ist erstmals ein Film aus der DDR im Programm, "Dein unbekannter Bruder" von Ulrich Weiß. Eine kleine Sensation, denn damals ist es fast unmöglich, Filme aus der DDR zu bekommen. Dann ergänzen Produktionen aus Österreich und der Schweiz das Programm, das Festival entwickelt immer mehr Profil. Auch die überregionale Resonanz stimmt: 1983 berichtet die ARD in den "Tagesthemen", das ZDF sendet in "aspekte" 20 Minuten live von der Filmparty in der Alten Feuerwache.

Albrecht Stuby ist der Vater des Ophüls-Festivals, er leitet es bis 1990, erfindet die "Blauen Herzen" (Neonlampen) als Sonderpreis, zieht das zarte Pflänzchen hoch. Das wird, nach einem kleinen Zwischenspiel des Frankfurter Journalisten Martin Rabius (1991 und 1992), von 1993 bis 2002 von Christel Drawer weiter betreut und gepflegt. Treibt immer mehr Äste aus: Es gibt neue Programm-Reihen und neue Preise. 1985 werden 8001 Besucher gezählt, 1988 sind es bereits 18 421. Ein Jahr später steigt die Zahl auf 23 423 Besucher. 450 akkreditierte Gäste sind da, 120 Filme werden gezeigt, neben dem Wettbewerb gibt es ein stattliches Rahmenprogramm.

Den fetten folgen ein paar magere Jahre. Früh wächst die Zahl der Festivals und damit die Konkurrenz. In den 80ern hat es das Kino und der deutsche Film oft nicht leicht, in den 90er Jahren sind die öffentlichen Kassen leer. Doch Stuby, Drawer und Filmbüro-Mitarbeiter Ewald Blum verstehen es, dem Ophüls-Preis ein klares Profil und ein unverwechselbares Gesicht zu geben. Das Festival ist beliebt wegen seiner familiären Atmosphäre, und mit Cosmos Direkt hat man einen verlässlichen Hauptsponsor gefunden.

Im neuen Jahrtausend stehen rasante Umbrüche an. 2002 entschließt sich der Saarbrücker Kulturausschuss, die Festivalleitung neu zu besetzen. Neben Christel Drawer verlässt auch Ewald Blum die Organisation. Das Festival wird aus dem Amt für kommunale Filmarbeit ausgegliedert und dem Theaterfestival "Perspectives GmbH" zugeordnet und privatisiert. 2003 gibt Boris Penth seinen Einstand als Festivalleiter, der Ophüls-Preis wandert in das Großkino Cinestar. Ein radikaler Umbruch. Penth kümmert sich vor allem um weitere Sponsoren. Doch er gibt bald schon wieder auf, nimmt nach dem Festival 2005 seinen Hut. Große Hoffnung kommt mit der neuen Festivalleiterin Birgit Johnson auf. 2006 gibt sie ihr Debüt, das mit neuen Ideen (Kinosonntag, Wettbewerb für mittellange Filme) zu einem großen Erfolg wird, 32 000 Besucher bedeuten einen neuen Rekord. 2007 kann Johnson dieses schöne Ergebnis bestätigen, doch dann macht ein Krebsleiden ihrer Arbeit ein Ende. Das Festival 2008 wird kommissarisch von Gabriella Bandel und Philipp Bräuer geleitet, im März 2008 erliegt Birgit Johnson ihrer Krankheit. Der Rest ist bekannt: Bandel und Bräuer überzeugen bei ihrem ersten Festival und bereiten die Jubiläumsausgabe (26. Januar bis 1. Februar) vor.

Was ist geblieben? Das Saarbrücker Festival genießt im 30. Jahr seines Bestehens einen großartigen Ruf, ist das wichtigste Nachwuchsfestival in Deutschland. Sowohl inhaltlich-konzeptionell wie auch von der Atmosphäre her stimmt es beim Max-Ophüls-Preis. Was es den hier ausgezeichneten Regisseuren und Schauspielern gebracht hat, ist schwer zu beurteilen. Aber zumindest in einzelnen Fällen war Saarbrücken sehr wichtig und hilfreich. Regisseure wie Tom Tykwer und Detlev Buck, Christian Petzold oder Romuald Karmakar zeigten ihre frühen Filme in Saarbrücken. Heute zählen sie zur Spitze in Deutschland.

Und auch für Schauspieler wie Julia Jäger, Maria Schrader und Christiane Paul, Til Schweiger oder Daniel Brühl waren ihre Auftritte und Preise in Saarbrücken hilfreich. Viele der ehemals Ausgezeichneten kommen immer wieder gerne nach Saarbrücken. So darf man sich in diesem Jahr auf Gäste wie Nadja Uhl, Sophie Rois, Axel Prahl oder Fabian Busch und auf ein attraktives Filmprogramm freuen.

ZUR PERSON

Max Ophüls wird am 6. Mai 1902 als Sohn von Leopold und Helene Oppenheimer, beide jüdischer Herkunft, in Saarbrücken geboren. 1920 zieht er nach Stuttgart, wird Schauspielschüler, legt sich den Künstlernamen Ophüls zu. Vom Theater wechselt er zum Film, feiert 1933 mit "Liebelei" nach Schnitzler seinen Durchbruch. Vor den Nazis flüchtet er in die USA. Nach seiner Rückkehr folgen seine größten Erfolge: "La Ronde", "Le Plaisir", "Madame De " und "Lola Montez" (1955). Ophüls stirbt 1957 in Hamburg. tr

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