Bierdeckel mit Ekel-Motiven

Berlin. Der Diskotänzer zeigt am Anfang der Party stolz seinen Waschbrettbauch. Nach vielen Gläsern Schnaps liegt er bewusstlos mit eingenässter Jeans vor der Tür. Dem feiernden Fußballfan im Stadion ging es mit dem Bier kaum besser - er sitzt in seinem Erbrochenen. Diese unappetitlichen Szenen werden Jugendliche von kommender Woche an in ganz Deutschland zu sehen bekommen

 Olympiasiegerin Schöneborn mit einem Bierdeckel der Kampagne "Don't drink too much". Foto: dpa

Olympiasiegerin Schöneborn mit einem Bierdeckel der Kampagne "Don't drink too much". Foto: dpa

Berlin. Der Diskotänzer zeigt am Anfang der Party stolz seinen Waschbrettbauch. Nach vielen Gläsern Schnaps liegt er bewusstlos mit eingenässter Jeans vor der Tür. Dem feiernden Fußballfan im Stadion ging es mit dem Bier kaum besser - er sitzt in seinem Erbrochenen. Diese unappetitlichen Szenen werden Jugendliche von kommender Woche an in ganz Deutschland zu sehen bekommen. Sie sind auf 1,5 Millionen Bierdeckel gedruckt und sie laufen als Spots auf beliebten Internetseiten. "Don't drink too much - stay gold" ("Trink nicht zu viel - bleib sauber") lautet das Leitmotiv dieser Kampagne, mit der sich die Polizei bundesweit ungewöhnlich drastisch gegen ungebremsten Alkoholgenuss wendet - gegen "Koma-Saufen".

Dafür gibt es Grund genug. Fast 20000 Jugendliche in Deutschland kommen nach den Zahlen der Drogenbeauftragten Sabine Bätzing inzwischen jedes Jahr mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus. In den Kampagnen-Spots ist zu sehen, wie böse das enden kann. Der Puls schlägt nicht mehr, Exitus. Doch es geht nicht nur um Gesundheit. Es geht auch um Gewalt. Drei von zehn aufgeklärten Gewalttaten würden heute unter Alkoholeinfluss begangen, sagte Erwin Hetger, Polizeipräsident von Baden-Württemberg, am Freitag zum Start der Kampagne in Berlin. Und der Anteil von betrunkenen Jugendlichen unter den Gewalttätern steige an. 2006 waren es 38,5 Prozent, 2007 bereits 39,3 Prozent.

Dabei gibt es nicht nur betrunkene Täter, sondern auch um Rausch-Opfer. Ein Bierdeckel-Foto zeigt ein halbnacktes Mädchen am frühen Morgen neben vielen Sektflaschen auf einer Parkbank. Hat sie nur einen Kater - oder ist sie im Delirium vergewaltigt worden?

Jörg Schönbohm (CDU), Vorsitzender der Innenministerkonferenz, nennt den ungebrochenen Trend zum exzessiven Trinken bei Jugendlichen alarmierend. Selbst junge Mädchen würden unter Alkohol zunehmend zu Gewalttätern - ihre Zahl sei in den vergangenen Jahren um vier Prozent gestiegen. "Auch ich trinke zur Weihnachtsgans gern Wein", ergänzte der Brandenburger Innenminister. Es sei die Frage, wo die Grenze liege.

Um genau diese Grenze geht es in der Kampagne. Die Bierdeckel, die bei jeder Polizeistation bestellt werden können, haben zwei Seiten. Die Vorderseiten zeigen fröhliche Feierszenen mit ein bisschen Alkohol. Auf den Rückseiten sind Folgen des Rauschtrinkens als Ekel-Motiv zu sehen. Auch in den Spots hat jeder die Wahl zwischen zwei Szenerien.

"Ältere Erwachsene empfinden diese Botschaft vielleicht als zu hart", sagte Drogenbeauftragte Bätzing als Schirmherrin der Initiative. Die Kampagne richte sich aber an Jugendliche. Und Tests hätten gezeigt, dass sie sich auf diese drastische Art angesprochen fühlten. Die Machart nannte Bätzing einen "mutigen Schritt". Der Stadtbezirk Mitte in Berlin plant zur Zeit ein Alkoholverbot auf Plätzen wie dem Alexanderplatz, um den Alk-Partys junger Leute Einhalt zu gebieten. Die Polizei-Kampagne tickt anders. Sie will auf emotionaler Ebene verdeutlichen, wie "uncool" ungebremstes Trinken ist - und Sprüche wie "Bin ich voll, bin ich toll" nicht stimmen. Als Vorbilder hat die Polizei Sportler mit ins Boot geholt. Für ein "sauberes" Leben wirbt neben Torschützenkönig Vedad Ibisevic die Olympia-Siegerin im Fünfkampf, Lena Schöneborn (22).

 Olympiasiegerin Schöneborn mit einem Bierdeckel der Kampagne "Don't drink too much". Foto: dpa

Olympiasiegerin Schöneborn mit einem Bierdeckel der Kampagne "Don't drink too much". Foto: dpa

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