Lotto-Einnahmen im Sinkflug

Berlin. Lottogesellschaften und private Lottounternehmer schlagen Alarm: Die Deutschen tippen in der Wirtschaftskrise weniger, und neue Regeln im Glücksspielgeschäft könnten die Einnahmen in der Zukunft geringer sprudeln lassen. "Wir durchleben schwierige Zeiten

Berlin. Lottogesellschaften und private Lottounternehmer schlagen Alarm: Die Deutschen tippen in der Wirtschaftskrise weniger, und neue Regeln im Glücksspielgeschäft könnten die Einnahmen in der Zukunft geringer sprudeln lassen. "Wir durchleben schwierige Zeiten. Die Finanz- und Wirtschaftskrise geht auch am Glücksspiel nicht spurlos vorbei", sagte am Freitag Friedhelm Repnik, Geschäftsführer der Lotto-Gesellschaft Baden-Württemberg, die derzeit die Federführung im Deutschen Lotto- und Totoblock hat.

Der Deutsche Lottoverband, ein Zusammenschluss vor allem gewerblicher Spielvermittler, erwartet für 2008 in den Staatskassen etwa eine Milliarde Euro weniger Einnahmen aus Konzessionsabgaben, Gewinnabführung und Lotteriesteuer. In der Folge gebe es für den Breitensport, Wohlfahrtseinrichtungen und Kulturprojekte gut 500 Millionen Euro weniger Fördergeld aus Lottomitteln, sagte Verbandspräsident Norman Faber in Berlin.

Bis Anfang Dezember waren die Spieleinsätze nach Angaben des Deutschen Lotto- und Totoblocks bundesweit um mehr als zwölf Prozent auf rund 6,04 Milliarden Euro (2007: 6,89 Milliarden) zurückgegangen.

Die Entwicklung im Laufe des Jahres 2008 zeige, dass die wirtschaftliche Krise durchschlage: Noch in der ersten Jahreshälfte lag das Minus nur bei 2,4 Prozent. Verschärft worden sei die Lottokrise dadurch, dass es nur wenige prall gefüllte Jackpots gab. Kein einziger Lotto-Jackpot habe über 20 Millionen Euro gelegen. 2007 hatte vor allem der Rekord-Jackpot von 45,3 Millionen viele zusätzliche Spieler in die Annahmestellen gelockt. Trotzdem sanken auch 2007 die Einsätze um zwei Prozent. Anders als der Lotto- und Totoblock macht der Lottoverband auch staatliche Beschränkungen für Glücksspiele für die Einnahmerückgänge verantwortlich. In vielen europäischen Ländern ist der Wetten- und Lotteriemarkt für Privatunternehmen freigegeben. In Deutschland hingegen haben die Bundesländer das Glücksspiel per Staatsvertrag neu geregelt. Er gilt seit Januar und sichert dem Staat ein Monopol, zunächst einmal bis 2011.

Private Angebote von Lotterien, Sportwetten und Spielbanken sind verboten, ebenso von 2009 an Glücksspiele im Internet. Für viele Lottounternehmer mit eigenen Internetportalen könnte dies das Aus bedeuten, wie die Branche befürchtet. Auch für staatliche Lottogesellschaften gibt es Beschränkungen, sie dürfen nicht mehr für sich werben. "Potenziell sind damit alle 26000 Lotto-Annahmestellen in Deutschland gefährdet", sagte Faber. Viele hätten schon schließen müssen.

Faber appellierte an die Länder, noch in letzter Minute die Übergangsfrist für das Internetverbot um ein Jahr bis Ende 2009 zu verlängern und nochmals über eine Regulierung des Glücksspielmarktes nachzudenken. Andernfalls würden Ausländer das Geschäft mit dem Online-Glücksspiel machen.

Mit ihrer Neuregelung hatten die Länder auf Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes reagiert. Die Karlsruher Richter hatten im März 2006 geurteilt, ein staatliches Glücksspielmonopol müsse in erster Linie dem Schutz vor Spielsucht dienen. Andernfalls müsse der Wettenmarkt wie in anderen europäischen Ländern liberalisiert werden. Faber warf dem Gesetzgeber vor, die deutsche Glücksspielbranche zu vernichten. "Lotto ist stärker reguliert als Pornografie", sagte er.

Es sei absurd, zur Durchsetzung des Monopols mit dem Schutz vor Spielsucht zu argumentieren. "Lottosucht und Klassenlotteriesucht gibt es nicht. Ich bin bereit, für Lottosüchtige eine Klinik zu bauen, aber es hat sich noch keiner gemeldet", sagte der Bochumer Lottounternehmer am Freitag in Berlin. Spielsucht ist seit 2001 als Krankheit anerkannt.

Der Deutsche Lottoverband präsentierte in Berlin eine Modellstudie der Münchner MKW Wirtschaftsforschung über einen liberalisierten Lotterie- und Sportwettenmarkt. In diesem Modell wären staatliche Anbieter und private Vertriebsfirmen unter Aufsicht einer Regulierungsbehörde auf dem Markt tätig. Die Münchner erwarten, dass ein solcher Markt wachsen und nach drei Jahren 2011 über 50000 Arbeitsplätze mehr und um 4,6 Milliarden Euro höhere Staatseinnahmen hergeben würde als bei Aufrechterhaltung eines staatlichen Monopols. dpa

"Lotto ist stärker reguliert als Pornografie."

Der Präsident des Deutschen Lottoverbandes, Norman Faber

Hintergrund

Das Wettmonopol in Deutschland besteht seit Jahrzehnten und ist eines der letzten staatlichen Monopole. Danach dürfen Lotterien, Spielbanken und Sportwetten - mit Ausnahme von Pferdewetten - nur unter Aufsicht der Länder betrieben und angeboten werden. Der Staat betrachtet es als seine Aufgabe, Glücksspiele zu steuern, um seine Bürger nicht der Spielsucht - seit 2001 als Krankheit anerkannt - anheim fallen zu lassen. Darüber hinaus fließen über die Lotto-Abgaben jährlich Milliarden in die öffentlichen Kassen.

Die Spieleinsätze betrugen in diesem Jahr bislang 6,04 Milliarden Euro. Davon erhält die öffentliche Hand gut zwei Milliarden Euro, die sie in Kunst und Kultur, Sport, soziale Zwecke sowie den Denkmalschutz investiert. dpa

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