Regierung muss gegen Korruption vorgehen

Herr Nachtwei, welche Rolle spielt der Drogenanbau in Afghanistan?Nachtwei: Der Opiumanbau hat sich in Afghanistan völlig unterschiedlich entwickelt. Er konzentriert sich immer mehr auf Provinzen, die sehr unsicher, ja, praktisch Kriegsgebiet sind. Das betrifft vor allem die Regionen an der Grenze zu Pakistan

Herr Nachtwei, welche Rolle spielt der Drogenanbau in Afghanistan?Nachtwei: Der Opiumanbau hat sich in Afghanistan völlig unterschiedlich entwickelt. Er konzentriert sich immer mehr auf Provinzen, die sehr unsicher, ja, praktisch Kriegsgebiet sind. Das betrifft vor allem die Regionen an der Grenze zu Pakistan. Dagegen sind die nördlichen Provinzen, in denen die Bundeswehr fast ausschließlich operiert, zurzeit frei von Mohnfeldern. Der alte Vorwurf gegen die Bundeswehr, dass die Drogenwirtschaft quasi unter ihrem Schutz blüht, trifft mittlerweile nicht mehr zu.Was hat die Bundeswehr dafür getan?Nachtwei: Die Bundeswehr ist nicht an direkten Aktionen gegen den Drogenanbau beteiligt. Aber sie hat einheimische Sicherheitskräfte dafür ausgebildet und leistet logistische Unterstützung. Entscheidend ist jedoch, dass in den mohnfreien Provinzen die Gouverneure und Mullahs sehr deutlich gemacht haben, dass der Drogenbau nicht mit dem Islam vereinbar ist. Außerdem gibt es für Bauern inzwischen mehr alternative Erwerbsquellen. Da spielt auch die Preisentwicklung eine Rolle. Für Weizen bekommt man mehr Geld als für Mohn.Sollte die Bundeswehr direkt in die Drogenbekämpfung eingreifen?Nachtwei: Nein, das ist nicht wünschenswert und auch vom Mandat für den Bundeswehreinsatz nicht gedeckt. Der Auftrag beinhaltet nur eine Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte. Alles andere hätte eine unkontrollierbare Eskalation zur Folge. Der Norden Afghanistans ist etwa halb so groß wie Deutschland. Aber nur rund 3300 Bundeswehrsoldaten sind dort stationiert. Quantitativ betrachtet sind unsere Soldaten gar nicht in der Lage, sich mit den Drogenbaronen anzulegen.Wie kann eine wirksame Drogenbekämpfung gelingen, wenn manche Drogenbarone sogar Abgeordnete im afghanischen Parlament sind?Nachtwei: Ja, das ist leider so. Auf Dauer wird man die Drogenszene nicht eindämmen können, wenn man nicht an ihre Spitzenprofiteure und Drahtzieher kommt. Das reicht bis in hohe Regierungskreise hinein. Was fehlt, ist ein einheitliches Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft, um auf die afghanische Regierung einzuwirken. Im Kampf gegen die Korruption ist auch die Bundesregierung gefordert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort