Renten steigen kräftig - Gabriel pocht auf Rentenreform

Berlin (dpa) · In den vergangenen 20 Jahren gab es kein so großes Rentenplus wie in diesem Jahr. Und bei den Rentner bleibt auch deutlich mehr Geld übrig. Trotzdem geht die Debatte um die Zukunft der Alterssicherung munter weiter.

Die rund 20 Millionen Rentner bekommen ab Sommer deutlich höhere Bezüge. In Westdeutschland steigt die Rente zum 1. Juli um 4,25 Prozent, im Osten um 5,95 Prozent. Das beschloss das Bundeskabinett.

Mit der Verordnung zur Neubestimmung der Rentenwerte wird die bereits bekannte Erhöhung offiziell festgelegt. Es ist die höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren. Sie bringt zum Beispiel bei einer Monatsrente von 900 Euro brutto rund 38 Euro mehr im Westen und 54 Euro mehr im Osten.

„Angesichts der geringen Inflation wird die Erhöhung bei den Rentnern zu einer deutlichen Kaufkraftsteigerung der Renten führen“, sagte der Chef der Deutschen Rentenversicherung, Axel Reimann. Die Europäische Zentralbank erwartet eine Teuerungsrate von nur 0,1 Prozent in diesem Jahr.

Die gesetzliche Rentenversicherung kostet die Erhöhung 6,4 Milliarden Euro in diesem Jahr. Ab 2017 sind es jährlich 12,7 Milliarden Euro.

Ermöglicht wird das hohe Rentenplus durch die gute Beschäftigungs- und Lohnentwicklung. Der Ost-West-Unterschied rührt von den im Osten stärker steigenden Löhnen her. Zu Buche schlägt auch ein Sondereffekt: 2015 fiel die Erhöhung wegen einer Änderung bei der Lohnstatistik um rund einen Prozentpunkt niedriger aus. Dies wird nun ausgeglichen.

Gleichzeitig sinkt die Kluft zwischen Ost- und Westrenten. Der Rentenwert, quasi der monatlichen Rente für ein Jahr Beschäftigung mit Durchschnittsentgelt, steigt im Westen um 1,24 auf 30,45 Euro, im Osten um 1,61 auf 28,66 Euro. Damit liegt der Wert im Osten bei 94,1 Prozent des Westwertes. Bisher waren es 92,6 Prozent.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte an, die Koalition werde die angekündigte Aufwertung kleiner Renten und eine Novelle zu den Betriebsrenten auf den Weg bringen. Er wolle aber auch darüber hinausgehende Reformen. Sinke das Rentenniveau auf 40 bis 42 Prozent des letzten Bruttogehalts, würden viele das nicht mehr akzeptieren. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sagte, die umlagefinanzierte Rente bleibe „die zentrale Säule unseres Alterssicherungssystems“.

Sozialverbände warnten trotz Rentensteigerung vor der „Gefahr einer weiter um sich greifenden Altersarmut“, so die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher. Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, forderte, das Rentenniveau müsse stabilisiert werden.

Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) schlug einen Freibetrag in der Grundsicherung von 100 Euro für die private Vorsorge, etwa durch Riestern vor. „Wer privat vorsorgt, sollte am Ende immer mehr haben als jemand, der das nicht tut“, sagte Spahn dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß sagte dem RND, angesichts der drohenden Altersarmut sei „eine große und nicht eine kleine Rentenreform“ notwendig.

FDP-Chef Christian Lindner forderte, die Grundsicherung im Alter - eine Form der Sozialhilfe für Menschen mit kleiner Rente oder Erwerbsminderung - mit der Rente zusammenzulegen, wie er in einem Gastbeitrag für die „Saarbrücker Zeitung“ (Mittwoch) schrieb.

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