Hamburg könnte die Trendwende bringen

Hamburg · FDP-Chef Lindner über die Aussichten der Liberalen bei der Bürgerschaftswahl am Sonntag

Für zwei Leute geht es am Sonntag bei der Hamburger Bürgerschaftswahl um besonders viel. Bürgermeister Olaf Scholz, der, wenn er die absolute Mehrheit der SPD verteidigt, sogar als Kanzlerkandidat seiner Partei gehandelt wird. Und Christian Lindner, dessen FDP endlich mal wieder einen Erfolg braucht. In Umfragen liegt sie bei knapp über fünf Prozent. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff sprach mit dem FDP-Vorsitzenden über die Aussichten.F.: Ist Hamburg für die FDP eine Schicksalswahl? A.: Es ist eine Schlüsselwahl für uns, weil wir dort eine reelle Chance auf ein Comeback haben. Beim Dreikönigstreffen haben wir unsere Grundwerte bekräftigt: Liebe zur Freiheit, Offenheit für Fortschritt, Einsatz für faire Chancen. Wir haben wieder inhaltliche Klarheit zurück gewonnen. Ich hoffe, dass am Sonntag von Hamburg ein klares Signal für eine Trendwende ausgeht.

F.: Wenn es in einer so liberalen Großstadt wie Hamburg nicht klappen sollte, müssen Sie dann die Hoffnung fahren lassen, im Bund wieder zurückzukehren? A.: Hamburg war für uns immer ein schwieriges Pflaster, acht Mal haben wir den Einzug in die Bürgerschaft nicht geschafft. Umso mehr freut es mich, dass wir dort jetzt Tritt gefasst haben. Viele Bürger setzen darauf, dass wir dafür sorgen, dass Olaf Scholz nicht den Grünen ausgeliefert wird.

F.: Sie setzen in Hamburg auf eine sozialliberale Koalition. Das ist nicht gerade das Markenzeichen der FDP. A.: Die Hamburger SPD in der Tradition von Klaus von Dohnanyi ist nicht die SPD von Andrea Nahles. Wir wollen ein leistungsgerechtes Bildungssystem, mehr Wirtschaftsstärke durch Bürokratieabbau und eine ideologiefreie Verkehrspolitik. Da dienen wir uns der SPD nicht an. Aber bei Elbvertiefung, Olympiabewerbung und den Gymnasien sind sich SPD und FDP näher als Rot-Grün. Bei den Hamburger Kernfragen sind SPD und Grüne wie Hund und Katz.

F.: Wird Ihre Spitzenkandidatin Katja Suding künftig eine größere Rolle in der Bundes-FDP spielen, wenn sie am Sonntag erfolgreich ist? A.: Sie gehört dem Präsidium bereits an und hat seit der Bundestagswahl 2013 den Prozess der Selbstbefreiung der FDP und der Aufarbeitung von Fehlern an führender Stelle vorangetrieben. Sie wird auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

F.: Ein Wermutstropfen wird es für Sie wahrscheinlich sein, dass auch die AfD gute Aussichten hat, die Fünf-Prozenthürde zu überschreiten. Ihr neuer Dauerkonkurrent wäre damit stabilisiert. A.: Die AfD ist keine Konkurrentin der FDP. Sie ist alles andere als liberal. Ich nenne nur das unkritische Verständnis für die autoritäre Politik von Putin, die Ablehnung des transatlantischen Freihandels oder die Verbandelung mit Pegida. Das hat alles mit Liberalität nichts zu tun. Das ist eine Partei, mit der sich die CDU an ihrer rechten Flanke auseinandersetzen muss.

F.: Teile der FDP Hamburgs haben sich abgespalten. Wie schwierig ist es für Sie, die FDP in der außerparlamentarischen Opposition zusammen zu halten? A.: Die Situation in Hamburg hatte weniger politische als vielmehr persönliche Hintergründe. Etwa 20 von 1200 Mitgliedern haben uns verlassen, denen wünsche ich alles Gute. Die FDP ist und bleibt die einzige liberale Partei in Hamburg.

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