"Ich kann die Sache nicht klären"

München. Es war eine der kürzesten Pressemitteilungen, die je die Parteizentrale der Christlich-Sozialen Union in München verlassen hat: In zwei Zeilen vermeldete das Franz Josef Strauß-Haus gestern Mittag, dass Pressesprecher Hans Michael Strepp den Parteivorsitzenden Horst Seehofer um Entbindung von seiner Aufgabe gebeten habe

München. Es war eine der kürzesten Pressemitteilungen, die je die Parteizentrale der Christlich-Sozialen Union in München verlassen hat: In zwei Zeilen vermeldete das Franz Josef Strauß-Haus gestern Mittag, dass Pressesprecher Hans Michael Strepp den Parteivorsitzenden Horst Seehofer um Entbindung von seiner Aufgabe gebeten habe. "Horst Seehofer hat dieser Bitte entsprochen", hieß es weiter.Damit kam der bayerische Ministerpräsident den Forderungen der Opposition schneller nach als es sich diese selbst vorgestellt hatte. Wenn Seehofer bis Donnerstagmittag keine Konsequenzen ziehe, werde die "Causa Strepp" zu einer "Affäre Seehofer", hatte der Vorsitzende der SPD im Landtag, Markus Rinderspacher, am Vormittag gedroht. Nur Minuten später wurde Strepps Amtsverzicht mitgeteilt.

Wie sehr auch Seehofer die Affäre beschäftigte, zeigte die Tatsache, dass er eine Reise zu einer Ministerpräsidentenkonferenz nach Weimar kurzfristig abgesagt hatte, um am Morgen selbst mit Strepp zu sprechen. Ergebnis: Der frühere Staatsanwalt und Richter stelle den Anruf beim ZDF anders dar als der Sender. Zweimal habe er auf die Frage, ob er im Auftrag oder auf Anweisung versucht haben soll, die Berichterstattung über den SPD-Landesparteitag zu unterdrücken, "unmissverständlich gesagt: Nein", erklärte Seehofer.

Und genau deshalb sei der Rücktritt "notwendig und richtig" sowie "unvermeidlich" gewesen, unterstrich der CSU-Chef. An der Schnittstelle zu den Medien könne man mit einem "unaufgeklärten Sachverhalt" wie diesem nicht weiter arbeiten. Die Sache selbst hielt auch Seehofer für weiterhin "aufklärungsbedürftig". Dies solle "in den nächsten Wochen" geschehen. "Ich kann die Sache nicht klären", so der Regierungschef.

Die Opposition ist damit natürlich nicht zufrieden. Zumal der ehemalige Staatskanzlei-Minister Eberhard Sinner (CSU) zuvor den Fall für "erledigt" erklären wollte. Strepp sei ein "klassisches Bauernopfer", sagte SPD-Mann Rinderspacher: "Das war kein Alleingang des Streppenziehers". Strepp galt zumindest stets als loyaler Mitarbeiter. Hubert Aiwanger, der Vorsitzende der Freien Wähler, ging einen Schritt weiter. Er fand: Das "System CSU" sei in diesem Fall wieder einmal ans Tageslicht gekommen.

Mit dem Rücktritt Strepps ist die Anruf-Affäre noch lange nicht ausgestanden. Zumal das ZDF gestern erstmals Details über Strepps Versuch veröffentlichte, die "heute"-Redaktion von der Berichterstattung über die Kür des Münchener OB Christian Ude zum Spitzenkandidaten der SPD für die Landtagswahl 2013 abzuhalten.

Der "heute"-Redakteur, mit dem Strepp am Sonntagnachmittag telefoniert hat, fasste dessen Inhalt wie folgt zusammen: "Weit davon entfernt, in das Programm reinzureden, wolle er aber doch rechtzeitig zu bedenken geben, dass es im Nachklapp Diskussionen geben könnte, wenn das ZDF im Alleingang sende". Die Intention des Anrufs sei eindeutig gewesen: Strepp habe "auf verschiedenen Wegen versucht, die Berichterstattung des ZDF über eine andere Partei zu beeinflussen", bekräftigte ZDF-Chefredakteur Peter Frey.

Bereits am Sonntagmorgen habe Strepp eine SMS an den Leiter des Landesstudios in München, Ulrich Berls, geschickt. Darin habe er sich nach dem geplanten Umfang der Berichterstattung über Udes Nominierung erkundigt. Berls habe ihn daraufhin zurückgerufen und mitgeteilt, dass eine Berichterstattung geplant, dafür aber die Zentrale in Mainz zuständig sei. Später habe Strepp dann erfolglos ebenfalls via SMS versucht, mit dem Leiter der ZDF-Hauptredaktion Aktuelles Kontakt aufzunehmen. Foto: Mächler/dpa

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