Grünes Licht für die Maut

Berlin · Lange hat die CSU für ihre Pkw-Maut gekämpft – jetzt ist sie am Ziel. Mit dem Bundesrat nehmen die Gesetze die letzte Hürde. EU-Instanzen könnten das Projekt von „Maut-Minister“ Dobrindt aber noch stoppen.

Die Pkw-Maut ist nach jahrelangem politischen Streit beschlossene Sache. Gegen den Widerstand mehrerer Länder gab der Bundesrat gestern grünes Licht für das CSU-Prestigeprojekt. Damit haben die Maut-Gesetze von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU ) die letzte parlamentarische Hürde genommen. Die Abgabe soll 2016 kommen. Sie muss aber noch der europarechtlichen Prüfung durch die EU-Kommission standhalten.

Brüssel hat bereits angekündigt, die Maut unter die Lupe zu nehmen. Denn die Abgabe zahlen unterm Strich nur die ausländischen Fahrer, Inländer sollen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurückbekommen. Das EU-Recht untersagt aber die Benachteiligung von Ausländern. Laut Dobrindt sei die Maut konform mit EU-Gesetzen. Starten soll die Maut an einem noch nicht festgelegten Datum 2016. Inländer zahlen dann für Autobahnen und Bundesstraßen eine Jahresmaut, die nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos gestaffelt ist, im Schnitt 74 Euro. Ausländer sind nur auf Autobahnen mautpflichtig, für sie gibt es auch eine Zehn-Tages- oder eine Zwei-Monats-Maut.

Vor allem Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg befürchten, dass unter der Maut die Wirtschaft in den Grenzregionen leiden könnte. In der rot-grün dominierten Länderkammer machten sie sich deshalb dafür stark, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen. In Nachverhandlungen wollten sie Ausnahmen für Autobahnabschnitte in Grenznähe durchsetzen. Das hätte die bereits im Bundestag beschlossene Maut zwar nicht mehr verhindern, wohl aber empfindlich verzögern können.

Vor der Abstimmung hatte sich aber bereits abgezeichnet, dass die Mehrheit der Länder die Maut auf den letzten Metern nicht mehr aufhalten würde. Nach dpa-Informationen schaltete sich Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD ) persönlich ein, um die SPD-Landesregierungen auf Kurs zu bringen. Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer für den Fall einer Maut-Blockade unverhohlen mit Konsequenzen für die Zusammenarbeit in der großen Koalition gedroht.

Dobrindt warb vor den Ländervertretern noch einmal für seine Maut . "Sie sichert langfristig den Ausbau unserer In frastruktur", sagte er. Nach Abzug der Systemkosten soll die Maut jährlich 500 Millionen Euro einbringen. Kritiker bezweifeln dies. Union und SPD hatten die Abgabe im Koalitionsvertrag vereinbart.

Die Grünen warfen Gabriel vor, vor Seehofer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU ) eingeknickt zu sein. So sei "eine Mehrheit der Vernunft im Bundesrat" verhindert worden, kritisierte Fraktionschef Anton Hofreiter . Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert (SPD ), zeigte sich erleichtert. Sollte die Maut an Brüssel scheitern, müsse Dobrindt allein die Verantwortung tragen. "Die Pkw-Maut ist kein Lieblingskind der SPD ."

Meinung:

Noch eine zweite Chance

Von SZ-KorrespondentWerner Kolhoff

Der Zeitpunkt der Vernunft wurde bei den Koalitionsverhandlungen 2013 verpasst. Da hätten SPD wie CDU Nein sagen müssen. Gestern im Bundesrat war es zu spät. Er hätte die von der CSU verlangte Maut nur noch verzögern können. Aber vielleicht bekommen alle Beteiligten noch eine zweite Chance. Dann nämlich, wenn der Europäische Gerichtshof über die deutsche Maut entscheidet. Dass geklagt wird, ist wahrscheinlich. Und ebenso, dass das Gericht fordern wird, die nur deutschen Autofahrern nützende Kompensation bei der Pkw-Steuer abzuschaffen. Denn darin liegt die Ausländerdiskriminierung . Wenn es so kommt, dürfen CDU , SPD und vor allem CSU noch einmal nachdenken: Eine echte Maut für alle, die echt weh tut und echte Wählerstimmen kostet - oder ganz auf die Idee verzichten? Man darf gespannt sein.

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