Die EU entrümpelt bei Gesetzen

Brüssel · Gleich stapelweise will die EU-Kommission überflüssige Gesetze zurückziehen. Da geht es um rutschfeste Fußböden für Friseure oder dubiose Lärmmessungen. Besonders freuen kann sich über die Maßnahme Edmund Stoiber.

Der Mittwoch gehört in Brüssel üblicherweise der Europäischen Kommission. Denn an diesem Tag stellen Präsident José Manuel Barroso und seine 27 Kommissare neue Gesetzesvorschläge vor. Gestern jedoch erschien der Portugiese, um das Gegenteil zu tun: Er präsentierte eine lange Liste von Richtlinien, Verordnungen und Empfehlungen, die man streichen, zurücknehmen oder einstampfen werde. "Nicht alles, was gut ist, ist auch gut, wenn es europäisch geregelt wird", sagte Barroso sichtlich stolz, der wachsenden Kritik an der überbordenden EU-Bürokratie auch mal etwas entgegensetzen zu können.

Man will jetzt gründlich aufräumen - und offenbart damit gleichzeitig, wie viele umstrittene Regulierungen da noch anstanden. Das beginnt bei einer Verordnung für mehr Hygiene in den europäischen Friseur-Salons, die alle mit dem gleichen rutschfesten Bodenbelag versehen werden sollten. Sogar die Lautstärke des Föns wollte Brüssel regulieren. Der Vorstoß kam übrigens nicht aus dem Kreis der Kommissare selbst, sondern vom deutschen Friseur-Handwerk, das auf gleiche Bedingungen in allen Mitgliedstaaten pochte. Beschränkungen für die Höchstlast von Lkws sollen ebenso überarbeitet werden wie deren Baumaße. Tatsächlich sind heutige Laster nämlich um genau 40 Zentimeter zu kurz, um die international üblichen Norm-Container zu befördern. Sie brauchen für jede Fahrt noch immer eine Sondererlaubnis.

Beim "Fitness-Check", wie das Entbürokratisierungsprogramm offiziell heißt, sollen Detail-Vorschriften für die Lärmmessung entfallen, die beim Schienenverkehr bisher nach dem niederländischen Standard RKM2, beim Autoverkehr nach der französischen Norm NMPB-96 erfolgt. Die seit Jahren umstrittene Richtlinie zum Bodenschutz wird ebenfalls fallen. Darin hatte Brüssel den Mitgliedstaaten Standards für die Begradigung von Flüssen, gegen die Versiegelung der Landschaft und die Aufarbeitung kontaminierter Flächen setzen wollen. "Es gibt Dinge, die die Mitgliedstaaten selber besser können", räumte Barroso am Mittwoch ein.

Wirklich zufrieden sein kann jetzt vor allem einer: der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Ihn hatte Barroso vor einigen Jahren angeheuert, um die EU-Vorschriften auf unnötigen Ballast hin zu durchforsten. Stoiber leistete ganze Arbeit und listete ein Maßnahmenpaket von über 200 Details auf. Damit können vor allem kleine und mittelständische Unternehmen Bürokratiekosten, die durch EU-Auflagen entstehen, um 25 Prozent reduzieren.

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